Heinrich * 10.06.1840 in Hamburg (St.Pauli) + 12.07.1924 in Flensburg (Lebensgeschichte) |
∞ 10.11.1898 in Rendburg |
Wilhelmine * 17.07.1841 in Rendsburg + 22.02.1901 in Flensburg |
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Helene Phillipine Ceacilie Menzell * 25.01.1874 in Flensburg + 29.07.1964 in Dachau |
Hermann Schuldt * 11.01.1871 in Flensburg + 28.09.1957 in Hamburg/Blankenese |
Adolf Schuldt * 1872 in Flensburg + 03.08.1925 in xxx |
Elsa Schuldt * xx.xx.1875 in Flensburg + xx.xx.19xx in xxx |
Georg Schuldt * xx.xx.1876 in Flensburg + xx.xx.xxxx in xxx |
Heinrich Schuldt und seine Frau Wilhelmine, 1972 |
Heinrich Ferdinand Johann Schuldt |
Wilhelmine Nicoline Magdalena Burmeister |
Joachim Peter Jacob Schuldt, geboren am 17. Oktober 1807 in Hamburg, Bleichermeister seines Zeichens, wohnte an der Elbe im Stadtteil St.Pauli. Er war vermählt mit Catharine Magdalena Klöpfer, Tochter des aus Württemberg stammenden Johann David Klöpfer. Aus der Ehe gingen sechs Kinder hervor, von denen drei in früher Jugend starben. Das älteste Kind war ein Sohn, Heinrich Ferdinand Johannes Schuldt, geboren am 10. Juni 1840, der spätere Gründer der Firma H. SCHULDT in Flensburg.
Er erzählte gern, das er sich schon in frühester Jugend zur Schifffahrt hingezogen gefühlt habe. Die Nähe des großen Stromes, auf dem sich der weltweite Handel der alten Hansestadt seit ihrer Gründung in immer wachsendem Maße abspielte, gab ihm viele Anregungen. Er träumte davon, mit einem der großen Segelschiffe der damaligen Zeit, voll beladen mit den Waren der Heimat, in ferne Gestade zu fahren, um dort günstige Geschäfte abzuschließen und mit Überseeprodukten heimzukehren und diese mit Gewinn zu veräußern. Solche Unternehmen waren durchaus nichts seltenes und mussten einem heranwachsenden jungen Mann sehr verlockend erscheinen. So wurde er, als die Berufsfrage an ihn herantrat, Kaufmann und trat eine Lehre in einem Handelsgeschäft an.
Der Handel alleine befriedigte ihn jedoch nicht, zu sehr war sein Sinn auf eine Verbindung des Handels mit der Schifffahrt gerichtet. So wandte er sich nach Beendigung der Lehrjahre nach Rendsburg, wo der Verkehr auf der Eider und der Umschlag der Güter zur Ostsee gute Gelegenheit bot, sich in Spedition und Schiffsmaklerei Kenntnisse zu erwerben. Er nahm eine Stellung an bei der Firma Dölling und Burmeister. Hier lernte Heinrich Schuldt auch seine spätere Frau Wilhelmine Magdalene Burmeister kennen, geboren dort selbst am 17. Juli 1841.
Die Jugend- und Wanderjahre des jungen Kaufmanns fielen in die Zeit der sich anbahnenden Erneuerung des Deutschen Reiches, nachdem aus den Stürmen der napoleonischen Kriege an die Stelle des Heiligen Römischen Reiches deutscher Nation der Deutsche Bund als lose Vereinigung souveräner deutscher Nationalstaaten getreten war. Dies ist wichtig festzustellen, weil durch diese politische Entwicklung der Werdegang des Gründers der Firma entscheidend beeinflusst wurde. Im Deutschen Bund gab es zwei führende Mächte: Österreich und Preußen. Preußen hatte es durch kluge Politik verstanden, sich durch Zollverträge mit den meisten Bundesstaaten eine wirtschaftliche Vormachtstellung zu verschaffen, und damit die Grundlage für die spätere politische Einheit gelegt. In Berlin verfolgte man deshalb mit besonderem Interesse die Bestrebungen des dänischen Königs Christian IX, der als Prinz von Holstein-Glücksburg 1863 den dänischen Thron bestiegen hatte, durch ein neues Verfassungsgesetz Schleswig mit Dänemark zu vereinigen und die Rechte der holsteinischen Stände wesentlich zu beschränken. Als die dänische Regierung diese Pläne verwirklichte, beschloss der deutsche Bundestag zum Schutz der dem Deutschen Bund angehörenden Gebiete Schleswig-Holsteins den Einmarsch von Truppenverbänden, so das sächsische und hannoversche Verbände über die Elbe vordrangen und Holstein und Lauenburg besetzten. Aus dieser Lage entwickelte sich der preußisch-österreichische Krieg mit Dänemark, da Dänemark die Forderung der beiden Mächte ablehnte, Schleswig als Pfand für die dänischen Verpflichtungen aus dem Londoner Protokoll von 1852 besetzen zu lassen. Am 30. Oktober 1864 verzichtete der König von Dänemark als Folge des verlorenen Krieges auf alle Rechte an den Herzogtümern Schleswig u. Holstein sowie Lauenburg zugunsten des Kaisers von Österreich und des Königs von Preußen. Als beide Mächte 1866 keine Einigkeit über die zukünftige politische Form, in welcher Schleswig-Holstein regiert werden sollte, erzielen konnten, kam es zum Kriege zwischen ihnen. Im Prager Frieden vom 23. August 1866 verzichtete Österreich auf die im Wiener Frieden erworbenen Rechte zugunsten Preußens. Als Folge wurden die Herzogtümer annektiert und durch Gesetz verkündet, das es mit dem 1. Oktober 1867 die preußische Verfassung darin in Kraft trete.
Flensburg um 1800
Wie war die wirtschaftliche Lage zu diesem Zeitpunkt in Schleswig-Holstein? Das Land war bis dahin ein Teil der dänischen Gesamtwirtschaft gewesen. Es gehörte seit 1850 bis zur Eider - seit 1853 bis zur Elbe - zum dänischen Zollgebiet. Dänemark betrieb eine liberale Freihandelspolitik, welche Schleswig-Holsteins Industrie zum Vorteil gereichte. Die früher angewandten Ausfuhrzölle und Agrarzölle waren aufgehoben. Es hatte ein lebhafter Warenaustausch mit England eingesetzt, welches den gleichen Freihandelsprinzipien huldigte. Schleswig-Holsteins Industrie belieferte das ganze dänische Gebiet mit seinen Waren. Der Handel Dänemarks mit Hamburg war in dieser Zeit rückläufig. Durch die Trennung von Dänemark veränderte sich die Lage für die Wirtschaft Schleswig-Holsteins völlig. Es verlor seinen Absatzmarkt für Industriewaren im Königreich und kam in Verbindung mit einem Industrieland. Es zeigte sich jetzt, das die rührige Kaufmannschaft des Landes, an Handelsverkehr mit anderen Ländern seit Jahrhunderten gewöhnt, durchaus in der Lage war, sich nach einer Übergangszeit den neuen Verhältnissen rasch anzupassen. In wirtschaftlicher und verkehrspolitischer Hinsicht nahm die neue preußische Provinz einen bedeutenden Aufschwung. Die aus politisch-militärischen Erwägungen vorgenommenen Investitionen Preußen/Deutschlands, besonders deutlich erkennbar am Ausbau Kiels zum Marinehafen, trugen wesentlich zur industriellen Entwicklung Schleswig-Holsteins bei. Im Süden des Landes, u. a. durch die Ausstrahlungskraft Hamburgs bedingt, ging diese Entwicklung nach der Errichtung des Deutschen Reiches 1871 schneller vor sich. Der Norden hatte durch seine bis dahin besonders engen Beziehungen zum Königreich Dänemark zunächst einen Rückgang des wirtschaftlichen Lebens zu verzeichnen.
Eine Reihe von Unternehmen, z. B. der Tabakbranche, wanderten nach Dänemark ab. Jedoch gerade diese vorübergehende Schwächung der Wirtschaft gab neuen Elementen und solchen, welche aus dem Süden zuwanderten, die Möglichkeit, neue Geschäfte zu gründen und zu entwickeln. Heinrich Schuldt hatte während seiner Tätigkeit in Rendsburg Verbindungen nach Flensburg angeknüpft. Der dort ansässige Schiffsmakler Sandberg, welcher auch eine Reihe von kleineren Schiffen bereederte, hatte ihm die Möglichkeiten geschildert, welche die Eröffnung eines Schiffsmaklergeschäftes böten. In Rendsburg hatte Heinrich Schuldt mit vielen Kapitänen von Küstenschiffen und Ostseereedereien Erfahrungen sammeln können und kannte sich im Befrachtungsgeschäft sehr gut aus. Diese Kenntnisse wollte er in Flensburg verwerten. Flensburg hatte in den Jahren vor der Vereinigung Schleswig-Holsteins mit Preußen/Deutschland, d.h. zwischen 1851 und 1864 seine früher bedeutende Stellung im Großhandel, in der Schifffahrt und den mit dieser verbundenen Industrie weitgehend verloren.
Kopenhagen war zum wirtschaftlichen Mittelpunkt des Königreiches geworden. Die Jahre der schleswig-holsteinischen Erhebung hatten den Handel auf das Herzogtum Schleswig beschränkt. Die abgerissenen Verbindungen konnten nicht in dem selben Umfang wiederhergestellt werden. Man kann mit Recht sagen, das durch den Anschluss an den großen deutschen Wirtschaftsraum ein neuer Aufstieg von Handel, Geschäft, Industrie und Schifffahrt ermöglicht wurde, welcher durch Verbleiben im dänischen Staatsverband aller Voraussicht nach nicht oder nur in sehr viel geringerem Maße eingetreten wäre. Flensburg gewann dadurch auch seine frühere Anziehungskraft auf von auswärts zuziehende Neubürger wieder, welche seine Wirtschaft immer wieder belebt hatten. Trotzdem waren die Übergangsjahre 1864-1870 für das Wirtschaftsleben der Stadt nicht leicht; eine grundlegende Neuorientierung wurde erforderlich.
Heinrich Schuldt erkannte die Möglichkeiten, welche sich einem im Schifffahrtsgeschäft erfahrenen Mann boten. Am 5. Januar 1868 eröffnete er in Flensburg , Schiffbrücke 28, Ecke Olufsamsonsgang, im Hause des Schiffshändlers Knudsen, die Firma "H.Schuldt - Schiffsbefrachtung, Clarierungs., Commisions- & Speditions-Geschäft. Flensburg". Die Veröffentlichung erfolgte durch eine Bekanntmachung in den "Flensburger Nachrichten" vom 9. Januar 1868 und durch zwei in Rendsburg gedruckte Rundschreiben an bekannte Firmen und Kapitäne. In Holnis, am Eingang der Flensburger Innenförde, befand sich eine Zweigstelle, welche die Aufgabe hatte, einkommende Schiffe für das Klarierungsgeschäft zu werben. Man muss sich vergegenwärtigen, das diese Werbung dadurch erfolgte, das der junge sogenannte Waterclerk mit einem Boot längsseits ruderte und den Kapitän veranlasste, sein Schiff in Flensburg durch die neue Firma abfertigen zu lassen.
(Schiffsbrücke, Flensburg)
Die Eintragung der Firma in das Firmenregister des Kgl. Kreisgerichts zu Flensburg wurde am 27. Januar verfügt und erfolgte am 29. Januar 1868. Eine junge Firma benötigt ein gewisses Maß an Eigenkapital, um den Anforderungen der ersten Zeit nach der Gründung gerecht zu werden, in welcher ein Gewinn aus den angebahnten Geschäften noch nicht zu erwarten ist. Zudem musste eine einfache Kontoreinrichtung beschafft werden; doch zu einem Geldschrank reichten die bescheidenen Mittel noch nicht. Dieser wurde erst einige Jahre später angeschafft.
Heinrich Schuldt hatte schon in Rendsburg gute Beziehungen zu dem Hamburger Privatbankier Johann Ludwig Siemers angeknüpft. Diese Bankfirma war Geldgeber von Dölling & Burmeister, dem Schiffsmakler, bei welchem Schuldt in Rendsburg tätig gewesen war. Jetzt kamen ihm diese Beziehungen zugute. Ihm wurde ein Personalkredit von 2300 Talern eingeräumt.
Das erste Geschäftsjahr war, wie zu erwarten, nicht leicht. Abgesehen von den Anfangsschwierigkeiten einer jeden Neugründung, war die Lage auf dem Befrachtungsmarkt 1868 nicht günstig. Wegen schlechter Ernten fehlten die Getreideladungen aus den Ostsee-Ländern, so das die frei werdende Tonnage alleine auf dem Holzmarkt angewiesen war und ein Überangebot an Schiffsraum entstand. Trotzdem gelang es dem Firmengründer im Jahre 1868, eine Bruttoeinnahme von 2000 Talern zu erzielen. Nach Abzug der Unkosten verblieb jedoch kein ausreichender Betrag zur Deckung des Lebensunterhalts, und es entstand ein Kapitalverlust von 300 Talern. Heinrich Schuldt erzählte darüber, das diese Schuld ihn mehr bedrückt habe als viel größere Verluste in späteren Jahren als Reeder.
Heinrich Schuldt schloss am 10.November 1868 die Ehe mit Wilhelmine Magdalene Burmeister. Ein Jahr später wurde das erste Kind, ein Sohn, geboren, welcher allerdings schon 1870 verstarb. Der junge Kaufmann bewies bald, das er sein Geschäft gründlich verstand. Mit seinen Kenntnissen verbunden war sein besonders hervorzuhebender Fleiß, welcher ihm bis in sein hohes Alter hinein begleitet hat. Die Einnahmen der ersten Jahre setzten sich aus einer großen Anzahl von Klarierungsgebühren und Befrachtungscourtagen zusammen, und die Aufzeichnungen in dem Hauptbuch lassen erkennen, wie viel Arbeit und Fleiß aufgebracht werden mussten, um Erfolge zu erzielen. Das Jahr 1869 brachte einen Überschuss und ermöglichte es, den Verlust des ersten Geschäftsjahres fast ganz auszugleichen.
Leider ist das Hauptbuch, dem diese Darstellung noch vor dem letzten Weltkrieg entnommen ist, 1943 beim Bombenangriff auf Hamburg verbrannt, so das der Abschluss hier nicht nach dem Original wiedergegeben werden kann. Mit dem Hause Johann Ludwig Siemers wurden im Laufe der nächsten Jahre umfangreiche Bankgeschäfte abgewickelt. Erst im Jahre 1873 wurde die Kieler Bank und nach ihrem Übergang in die Flensburger Privatbank diese die Hauptbankverbindung. Ab 1876 werden die Geschäftsvorgänge mit dem Hamburger Bankhaus immer weniger, und 1886 hört die Verbindung ganz auf. Die Firma beschränkte sich bald nicht mehr auf Befrachtungs- und Klarierungsgeschäfte, sondern dehnte ihre Tätigkeit auf alle anderen Gebiete der Schifffahrt aus. Sie widmete sich dem Schiffsan- und -verkauf sowie der regelmäßigen Fracht fahrt zwischen Flensburg und Sonderburg und ebenfalls der Personenbeförderung auf der Flensburger Förde, wie folgende Anzeigen in der Tagespresse zeigen:
Im Jahre 1868 war Heinrich Schuldt noch allein im Geschäft, lediglich im Außendienst unterstützt von dem Schiffshändler Knudsen, welcher als Clerk tätig war. Doch bereits 1869 trat der erste Lehrling ein, Hermann Andresen aus Rendsburg, der bis 1871 lernte und welchem im Laufe der Jahre viele junge Leute folgten, die ihre Berufsausbildung bei der Firma erhielten. Bei Dölling & Burmeister hatte Heinrich Schuldt Gelegenheit gehabt, sich nicht nur im Schiffsbefrachtungs- und Klarierungsgeschäft umfangreiche Kenntnisse anzueignen, sondern auch im Assekuranzgeschäft sowie in Handelsgeschäften aller Art. Dölling & Burmeister handelten sowohl als Eigenhändler als auch als Vermittler mit Holz und Holzwaren, Mauersteinen, Kohle, Zement und sogar mit Kölnisch-Wasser. Sie befassten sich ferner mit Landspedition aller Art. Aufgrund dieser Kenntnisse erscheint es nur natürlich, wenn Heinrich Schuldt alsbald auch diese Zweige des Handels betreibt. So finden wir in seinen Büchern bald ein Elbinger Eisen-Konto, ein Mauerstein-Konto, ein Holzprovisions-Konto und Holzexpeditions-Konto. Auf der Schiffbrücke wird gegen 100 Taler jährlich ein Platz gemietet, auf welchem die ankommenden Hölzer und andere Waren bis zum Abtransportgelagert werden, um dann mit einem eigenen Wagenpark zur Verteilung zu gelangen.
Am 1.April 1871 wurden die Geschäftsräume nach Schiffbrücke 33 verlegt, wo sie bis zum 31. Oktober 1875 verbleiben. In das Jahr 1871 - 11. Januar - fällt auch die Geburt eines zweiten Sohnes, Hermann Schuldt, dem späteren Teilhaber des Gründers. Die Familie benötigte größere Wohnräume, welche im neuen Geschäftshaus verfügbar waren. Damals wohnten die Lehrlinge mit in der Familie. Dieser Brauch hat sich lange erhalten.
Die Sturmflut am 13.11.1871
Am 13. November des gleichen Jahres wurde die Ostküste Schleswig-Holsteins von einer gewaltigen Sturmflut heimgesucht, welche in Flensburg weite Teile der Häuser und Straßen um den Hafen überflutete. Das hier wiedergegebene Bild veranschaulicht die großen Schäden, welche diese Flut verursachte. Das neue Kontor der Firma wurde hart betroffen und völlig unter Wasser gesetzt - einschließlich des inzwischen angeschafften Geldschrankes. Dieser Schrank wurde wieder instandgesetzt und hat Jahrzehnte nützliche Dienste verrichtet, bis er im Jahre 1943 dem Brand des Bürohauses in Hamburg, Ballindamm 8, als Folge eines Bombenangriffs zum Opfer fiel. Mit ihm verbrannten alle Gründungsakten und die ersten Hauptbücher der Firma, welche dort aufbewahrt waren.
Vom 1. November 1875 bis 1. Oktober 1881 befanden sich Kontor und Wohnung in dem Hause Schiffbrücke 30, Eigentümer Friedrich Biehl, Holzhandlung.
In das Jahr 1876 fällt die erstmalige Betätigung von Heinrich Schuldt als Reeder durch seine Beteiligung an dem Segler "Minna" zu 7/16 Anteil. Für diesen Anteil wurden M 4080.- bezahlt. Mitreeder waren J.M. Neuffert, Leith, zu 7/16 und H. P. Thomsen, Flensburg, zu 1/8 Anteil. Diese beiden Anteile wurden von H.Schuldt Ende 1876 hinzuerworben, so daß das Schiff von diesem Zeitpunkt an ihm allein gehörte.
Dieser kleine Bramsegelschoner war damit das erste Schiff unter Schuldtscher Flagge. Der Segler, der bei 80,86 BRT ca.150 Tonnen Schwergut laden konnte, 22,25 m lang war und bei 5,70 m die größte Breite aufwies, war im Jahre 1875 von dem dänischen Kapitän Frederik H. Jörgensen aus Marstal auf Ärö erworben. Alte Schiffsregister verraten, das der Schoner im Jahre 1861 bei Schiffbauer Smith in Portsoy bei Banff in Schottland vom Stapel gelaufen war und bei der Taufe den Namen "Sweet Home" erhalten hatte. Als "Sweet Home" hat das Schiff bis 1866 die englische und anschließend bis 1875 die dänische Flagge geführt. Die von Heinrich Schuldt gewählte Flagge zeigt auf blauem Grund ein weißes gleichschenkliges Dreieck mit einem roten "S" als Mittelpunkt. Das Dreieck ist dem freimaurerischen Vorbild entnommen.
Das erste Schiff: Bramsegelschoner "Minna"
Das Jahr 1876 kann somit als Beginn der Reedereitätigkeit der Firma H. Schuldt bezeichnet werden und auch als Anfang der Erfahrungen als Eigentümer von Schiffen. Es sei gleich gesagt: der Anfang war denkbar ungünstig und endete nach reichlich fünf Jahren mit einem Verlust von 16 000,- Mark. 1882 wurde der Segler durch Vermittlung der Hamburger Firma Daniel Milberg für 2400,- Mark verkauft. Mit dieser Firma sind in späteren Jahren bis in die heutige Zeit manche Schiffsan- und -verkäufe getätigt worden.
Der Betriebsverlust des ersten eigenen Schiffes entmutigte Heinrich Schuldt nicht. Das Maklergeschäft hatte sich so gut entwickelt, das die Verluste über Provisionskonti abgeschrieben werden konnten. Die Verbindung von Schiffsmakler und Reederei erwies sich als besonders zweckmäßig, weil beide Sparten des Schifffahrtsgeschäftes sich ergänzen, und ist bis auf den heutigen Tag fortgesetzt worden.
Die Familie des Firmengründers wurde in diesen Jahren mit vier weiteren Kindern gesegnet: Adolf 1872, Helene 1874, Elsa 1875 und Georg 1876. Drei von den insgesamt sechs Kindern haben ein Alter von 87 bis 90 Jahren erreicht. Ihren Erzählungen aus den Jugendjahren sind manche Einzelheiten dieser Firmengeschichte entnommen.
Noch im Jahre 1877 hatte die Firma 1/2 Anteil an dem Schoner "Fortuna" zum Preise von M 3000,- erworben, aber auch bei diesem Schiff traten Verluste ein: 1877 M 140,-, 1878 M 700,-. Ende 1878 wurde der Anteil an Kapitän Christensen für M 3500,- verkauft, so das der Verlust in kleinen Grenzen blieb. Insoweit hatte die Glücksgöttin bei dem Ankauf doch Pate gestanden. Ende 1877 wurde eine weitere Beteiligung erworben, und zwar l/34 Part im Vollschiff "Schiffswerft" zum Preise von M 7500,-. Das Vollschiff "Schiffswerft" war eines der letzten großen Flensburger Segelschiffe und ist auch besonders als Ausbildungsschiff der damaligen Seeleute-Generation bekannt geworden. Auf ihm und auf der "Doris Brodersen" hat die weitaus größte Anzahl der späteren Flensburger Kapitäne ihre Ausbildung erhalten.
Damit war das Ende des Eigentums und der Beteiligung an Segelschiffen für die Firma H.Schuldt gekommen. Die Umstellung der Seeschifffahrt vom Segel- zum Dampfschiff schritt unaufhaltsam fort und gab der weiteren Tätigkeit der Firma das Gepräge. Die Erfolge im Schiffsmaklergeschäft hatten das junge Unternehmen nicht nur in Flensburg, sondern auch im Ausland bekannt gemacht und einen guten Namen erworben. Zu den Kunden zählten nicht nur alle Importeure und Reedereien der Heimatstadt, sondern auch bekannte Firmen in anderen Häfen der langen deutschen Küsten von Memel bis Emden sowie in den skandinavischen Ländern, England und Holland.
Außer Befrachtungsgeschäften wurden Bauverträge für Neubauten vermittelt, wozu besonders eine Aktienbeteiligung der Firma an der 1872 gegründeten Flensburger Schiffsbau-Gesellschaft beitrug, deren Aufsichtsrat Heinrich Schuldt lange Jahre angehören sollte. Ferner erwarb die Firma Aktien der Flensburger Dampfschifffahrtsgesellschaft von 1869. Diese Verbindung wurde besonders eng, so das die Befrachtung der Schiffe dieser Gesellschaft überwiegend durch H. Schuldt erfolgte. Partenbeteiligungen an anderen Flensburger Schiffen verfolgten den gleichen Zweck, d. h. Einfluss auf die Befrachtung zu nehmen. Zu diesen Beteiligungen gehörten auch die von dem befreundeten Schiffsmakler Sandberg bereederten Dampfer "Valuta", "Velox", "Activa", "Avance" und "Union". Nach dem Tode Sandbergs gelangten diese Schiffe zur Versteigerung und wurden von Konsul H.A.Petersen übernommen, während Heinrich Schuldt das Schiffsmakler- und Speditionsgeschäft von Sandberg mit dem seinigen vereinigte.
Schiffbrücke 21
Im Jahre 1880 ließ sich Heinrich Schuldt ein für Flensburger Verhältnisse sehr repräsentables Geschäftshaus, Schiffbrücke 21, bauen,
in welchem er in den oberen Stockwerken eine Wohnung für seine engere und weitere Familie, u.a. seine Schwiegereltern und zwei unverheiratete Schwestern seiner Frau sowie die in der Firma tätigen, von auswärts stammenden Lehrlinge, einrichten ließ. jetzt laufend sechs Lehrlinge beschäftigt. Aus der großen Anzahl seien hier nur erwähnt: Diedrich Schumacher, der bis zum Teilhaber der Firma 1948 aufrückte, Kurt Sieh, welcher die Tochter von Hermann Schuldt heiratete und ebenfalls 1948 als Teilhaber in die Firma nach langen Jahren erfolgreicher Tätigkeit im Ausland eintrat.
Im Februar 1882 entschloss sich Heinrich Schuldt zum Bau eines Frachtdampfers von etwa 1200 tons Tragfähigkeit. Als Preis des Schiffes nannte die Flensburger Schiffsbau-Gesellschaft M 300000,-, welcher durch Zeichnung von Partenanteilen aufgebracht werden sollte. Diese Rechtsform war damals sehr üblich und spielt auch noch in der Gegenwart zur Schiffsfinanzierung eine erhebliche Rolle. Der Aufruf zur Zeichnung hatte großen Erfolg und ergab den doppelten Betrag, so das statt eines gleich zwei Schiffe derselben Größe in Auftrag gegeben werden konnten. Die Schiffe erhielten die Namen "Mereo" und "Fero".
Der erster Dampfer: "Mereo"
Der Kreis der Partenreeder erstreckte sich über alle Stände und Berufe der Stadt und ist hier wiedergegeben, da sich daraus interessante Rückschlüsse auf die damalige Wirtschaftsstruktur der Stadt Flensburg sowie die geschäftlichen und persönlichen Beziehungen von Heinrich Schuldt ergeben.
Das Schiff trat seine erste Reise unter Führung von Kapitän Fyhn am 25.Dezember 1882 an, d.h. die Bauzeit hatte nur zehn Monate betragen. Es ist bezeichnend für die damalige Zeit, das Schiffe dieser Größe nicht nur in der europäischen Fahrt, d. h. in der Nord- und Ostsee, dem Weißen Meer und Mittelmeer beschäftigt wurden, sondern auch weltweit und z.B. Reisen nach dem Fernen Osten machten. Dort wurden diese Schiffe dann oft in der chinesischen Küstenfahrt eingesetzt, aber auch für Fahrten nach Australien und Neuseeland verwendet. So wurde auch die "Mereo" nach Reisen mit Kohlen, Holz- und Getreide von und nach England, russischen Ostsee- und Weißmeerhäfen, Holland und dem Mittelmeer, welche die Jahre bis einschließlich 1889 ausfüllten, im Jahre 1890 mit einer Ladung Stückgut von Hamburg nach Wladiwostok und Nicolajewsk geschlossen. Nach Reisen an den ostasiatischen Küsten wurde die "Mereo" Ende des gleichen Jahres an eine japanische Firma in Nagasaki verkauft.
Das Schwesternschiff "Fero", welches von der gleichen Werft im Januar 1883 geliefert wurde, ging bereits auf der ersten Reise infolge Strandung in dichtem Nebel bei der Insel Bornholm total verloren. Ein Ersatzbau wurde bei der Werft Helsingör's Jernskib og Maskinbyggerie bestellt und im April 1884 geliefert. Auch dieser Neubau ging 1888 durch Strandung total verloren.
Ein weiterer Neubau, die "Gerda", 700 tons Tragfähigkeit, wurde noch im Oktober 1883 in Dienst gestellt. Das Schiff wurde ebenso wie die "Mereo" im Jahre 1885 mit einer Ladung Stückgut von Hamburg mit Bestimmung China geschlossen. Es stand unter dem Kommando des Kapt.Claus Erichsen, Vater des späteren Ingenieurs Christian Erichsen, welcher der Reederei 45 Jahre die Treue hielt, und Großvater des jetzigen nautischen Inspektors, Christian Erichsen. Nach zwei Jahren chinesischer Küstenfahrt trat das Schiff eine Reise nach Neuseeland an. Dort ging es 1888 bei Greymouth an der Westküste der Südinsel total verloren. Eine Grundsee warf die "Gerda" gegen die Mole, der Vordermast ging sofort über Bord, der Schornstein wurde eingeknickt, aber die Besatzung konnte vollzählig gerettet werden. Trotz dieser zu Beginn der Dampferneubauten schweren Totalverluste, welche mit der unzulänglichen Befeuerung und Betonnung der Küsten und Häfen eng zusammenhingen, konnte Heinrich Schuldt den Aufbau der eigenen
Dampferflotte ohne wesentliche Unterbrechung fortsetzen. Es wurde großer Wert auf eine alle Risiken abdeckende Seeversicherung gelegt, so das die Versicherungssumme bei Totalverlusten regelmäßig den Bau gleichwertiger Ersatztonnage gestattete. Nicht ganz so gut sah es mit der Entschädigung für die verlorenen Effekten der Besatzung aus, für die im Gegensatz zu heute damals noch keine Versicherungspflicht seitens der Reederei bestand. Hier half man sich durch den Beschluss der Mitgliederversammlung, so das z.B. die 19köpfige Besatzung der "Fero" M 2000,- als freiwillige Zuwendung erhielt.
Den ersten vier Schiffen folgte im Jahre 1884 der D."Norma" von 1140 tons, welcher 37 Jahre für die Reederei fahren sollte und erst 1921 an die Firma Johannes Ick in Hamburg verkauft wurde, nachdem die Franzosen das Schiff im I. Weltkrieg beschlagnahmt, aber nach dem Kriegsende wieder zurückgegeben hatten.
Wenn in den Jahren 1885-1887 keine weiteren Neubauten von H. Schuldt zu verzeichnen sind, so ist dies auf die in diesen Jahren herrschende Krise auf dem Frachtenmarkt zurückzuführen. Die Krise wurde, soweit für die Ein- und Ausfuhren deutsche Seehäfen infrage kamen, durch die Schutzzollpolitik des Deutschen Reiches verschärft, welche sowohl für die junge Industrie als auch die Agrarwirtschaft in Kraft trat und den freien Handelsverkehr beeinträchtigte. Doch wurden diese Schwierigkeiten allmählich überwunden, zumal Anfang der 90er Jahre durch Handelsverträge mit ausländischen Staaten viele Härten der Zollgesetze gemildert wurden.
Schon 1888 konnten weitere Schiffe bestellt werden, nachdem der Frachtenmarkt im Nord- und Ostseegebiet infolge guter russischer Ernten und starker Holzverschiffungen einen Tiefpunkt überwunden hatte. Die Reedereien erzielten wieder gute Gewinne.
Unter anderem wurden folgende Schiffe neu gebaut:
1888: D. "Elsa" und "Helene", Schwesterschiffe, nach den Töchtern des Reeders benannt, von 786 BRT und ca. 1100 Tonnen Tragfähigkeit bei der Flensburger Schiffsbau-Gesellschaft gebaut. D."Helene" wurde im Jahre 1907 von dem D."Marsala" gerammt und sank. D."Elsa" musste nach einer Kollision mit einem spanischen Dampfer in der Straße von Gibraltar beschädigt nach Gibraltar einlaufen und wurde dort als schuldiger Teil an der Kollision mit Beschlag belegt und von der Reederei abandonniert.
1889: D."Georg" und "Adolf" trugen die Namen zweier Söhne des Reeders, Schwesternschiffe, von je ca. 1220 Tonnen Tragfähigkeit, bei der Neptunwerft in Rostock gebaut.
1890: D."Hermann", benannt nach dem ältesten Sohn und späteren Teilhaber des Firmengründers. Es war ein Schwesterschiff der D."Georg" und "Adolf", auch in Rostock gebaut. Der Dampfer wurde Ende 1900 nach England verkauft.
Dampfer "Minna Schuld", 1890
1891: Während Töchter und Söhne zuletzt die Namen für die Neubauten gegeben hatten, tauften die Eltern zwei wieder von der Flensburger Schiffswerft hergestellte Dampfer auf ihre eigenen Namen:
"Heinrich Schuldt" und "Minna Schuldt".
Die Tragfähigkeit dieser beiden Schiffe war mit 1250 t etwas größer als die Neubauten der Jahre 1888/90. Der Preis lag mit etwa M 304000,- jedoch beträchtlich höher als diese.
Bei anhaltend günstigen Erfolgen ging man nunmehr zu einem größeren Typ über, und es entstand in den nächsten Jahren die in Flensburg erbaute Serie:
1892: D."Mathilde", 1260 BRT
1893: D."Johanna", 1280 BRT
1894: D."Martha", 1261 BRT
1895: D."Alfred", 1417 BRT.
Mit der Indienststellung dieses Schiffes, des 17 innerhalb einer Spanne von 13 Jahren, kann der 1. Abschnitt des Aufbaus der Reederei H. Schuldt als abgeschlossen gelten. Große Erfolge waren errungen. Sie waren der Tatkraft und den Kenntnissen des Gründers und seiner Mitarbeiter an Land und auf den Schiffen zu verdanken.
Am deutlichsten zeigte sich die enge Verbindung zwischen Reeder und Personal am Tage des 25-jährigen Geschäftsjubiläums am 5. Januar 1893. Dieser Tag wurde zu einem wahren Feststag für die Firma und seinen Gründer. In Deutschland herrschte Friede. Die wirtschaftliche Entwicklung seit der Reichsgründung 1871 war stetig nach oben gerichtet. Alle Erwerbszweige profitierten davon. Die Schiffe, mit großem Eigenkapital erworben und inzwischen ohne jede hypothekarische Belastung, verdienten gut. Am Jubiläumstage erschien in den Flensburger Nachrichten der nachfolgende Artikel:
"Das 25jährige Geschäftsjubiläum begeht am heutigen Tage einer unserer angesehensten Mitbürger und zugleich eine über die Grenzen unserer Provinz hinaus bekannte und hochgeachtete Persönlichkeit, Herr Schiffsreeder H. Schuldt. Von der allgemeinen Beliebtheit des Jubilars zeugte die große Anzahl der demselben von nah und fern dargebrachten Gratulationen und Geschenke. Schon in der Frühstunde, nachdem die vollzählige Kapelle des REGIMENTS KÖNIGIN dem Jubilar eine Morgenmusik dargebracht, fanden sich zahlreiche Gratulanten ein, zunächst das gesamte COMPTOIRPERSONAL und die hier anwesenden Herren Kapitäne der Reedereifirma, welche ein gemeinsam gespendetes hübsches Tableaux in Form eines Steuerrades überreichten. Sodann erschien der Vorstand der hiesigen Handelskammer und überreichte namens dieser Korporation, deren Mitbegründer Herr Schuldt ist, ein kostbares Geschenk. Desgleichen erschienen und überreichten wertvolle Spenden Vertreter der Flensburger Schiffsbau-Gesellschaft, der hiesigen Loge, des Ruderklubs "Fliege" usw. welch letzterer unter entsprechenden Ansprache einen von Herrn Hofjuwelier H.N.J.Lassen bezogenen Tafelaufsatz widmete, der in sinniger Weise von einem Ruderer gekrönt ist und dessen Schale von einem Delphin gehalten wird. In der Schale finden sich dem Rudersport entsprechende Exemplare vor. Ein wundervolles Geschenk haben auch, außer zahlreichen duftenden Spenden, die Familienmitglieder dem Jubilar verehrt nämlich eine große vergoldete Prunkschale, welche gestern Abend im Schaufenster des Herrn Hofjuweliers ausgestellt war und die allgemeine Aufmerksamkeit erregte. Ein mit den Comptoirflaggen geziertes Schild trägt die Inschrift: 5.Jan 1868 - 1893. Gekrönt ist diese Prunkschale mit der Figur des Merkur. Groß war die Zahl der brieflichen sowohl wie der telegraphischen Glückwünsche, welche dem Jubilar von Freunden aus Reederkreisen und sogar von überseeischen Plätzen zugingen. Lauter Beweise von der Popularität der Firma Schuldt. Selbstverständlich prangten die im Hafen liegenden Schiffe im schönsten Flaggenschmuck".
Aus dem Bericht der Zeitung geht u. a. hervor, das Heinrich Schuldt zu den Mitbegründern der Handelskammer gehörte und von der Flensburger Schiffsbau-Gesellschaft und der Loge geehrt wurde. Die Bereitschaft, sich für das öffentliche Wohl einzusetzen und seine Erfahrungen und Kenntnisse den Organisationen der Wirtschaft und der städtischen Verwaltung zur Verfügung zu stellen, haben den Firmengründer immer besonders gekennzeichnet. Hiervon zeugen u.a. seine spätere Wahl zum Stadtverordneten von 1895 -1907 und seine darauf folgende Wahl zum ehrenamtlichen Stadtrat von 1907-1913 in Flensburg, seine Mitarbeit in der Handelskammer, seine Zugehörigkeit zum Aufsichtsrat der Werft und seine Mitgliedschaft in der Loge, welche sich besonders wohltätigen Zwecken widmete. Hier erreichte er den Grad eines Meisters vom Stuhl. Viele Kapitäne und Angestellte der Reederei gehörten auch der Loge an.
Die Firmengewinne gestatteten Heinrich Schuldt, neben seiner Wohnung im Geschäftshaus, welche er bis zu seinem Tode beibehalten hat, in Glücksburg an der schönen Flensburger Förde ein Sommerhaus auf einem großem Terrain bauen zu lassen, welches er von einem Bauern in Sandwig 1877 erworben hatte. Diesen Besitz verwandelte Heinrich Schuldt im Laufe der Jahre in eine herrliche Parklandschaft, und er verbrachte dort regelmäßig die Sommermonate. Für seine Gäste, besonders Familienmitglieder ließ er ein weiteres Haus erstellen, neben Wohnungen für Gärtner und anderes Personal. Vor der "Villa Schuldt" wurde ein großer Mast errichtet, wo die Reedereiflagge wehte, wenn der Besitzer anwesend war. Vorbeifahrende Schiffe der Reederei gaben Signal und dippten die Flagge. Die Fahrten mit den Schiffen der Flensburg-Ekensunder von Glücksburg nach Flensburg und zurück im Sommer gehörten zu seinen bevorzugten Vergnügungen.
Der zweite Abschnitt der Firmengeschichte ist wirtschaftlich gekennzeichnet durch die Eröffnung des Nord-Ostsee-KanaIs 1895, welche die Stellung der deutschen Ostseehäfen entscheidend veränderte und Hamburg zum größten Ostseehäfen machte. Daraus ergaben sich neue Überlegungen im Hinblick auf Art und Größe weiterer Neubauten.
Personell beginnt mit dem Eintritt von Hermann Schuldt, dem ältesten Sohn des Gründers, in die Firma H.Schuldt als Gesellschafter und deren Umwandlung in eine OHG am 1. Januar 1896 eine neue Geschäftspolitik.
Hermann Schuldt hatte zur Vorbereitung auf seinen Beruf als Reeder und Schiffsmakler eine sorgfältige und vielfältige Ausbildung genossen. Zunächst besuchte er in Flensburg die Schule, um dann in Kiel auf dem dortigen Gymnasium mit dem sogenannten "Einjährigen" die Schulzeit abzuschließen. Schon während dieser Jahre entwickelte er eine besondere Liebe zum Segelsport, so das ihm sein Vater, als er 15 Jahre alt wurde, eine Segeljolle schenkte. Während seiner Lehrzeit in der väterlichen Firma war Hermann Schuldt vom Frühjahr bis Herbst an allen Sonntagen mit seinem Boot auf der Flensburger Förde zu finden. Nach der Lehrzeit folgte die Ableistung der Wehrpflicht bei dem Kgl.-Preuß. Infanterieregiment Nr. 86 in Flensburg, und gleich anschließend ging er für mehrere Jahre ins Ausland. Seine erste Station war Stavanger in Norwegen bei der bekannten Schiffsmaklerfirma Faick. Hier blieb Hermann Schuldt zwei Jahre und erwarb sich große Kenntnisse im Befrachtungsgeschäft sowie der norwegischen Sprache.
Alsdann wandte er sich nach London, wo ihn die mit der Firma H.Schuldt in reger Geschäftsbeziehung stehende, sehr angesehene und bedeutende Schiffsmaklerfirma Clarkson & Co. aufnahm. Auch in London bleibt der angehende Reeder und Schiffsmakler zwei Jahre, lernt das weltweite Geschäft in diesem Hause hervorragend kennen und die englische Sprache beherrschen. Dabei erwarb er sich viele Freunde innerhalb und außerhalb der Firma, u.a. den späteren Mitinhaber Sir Osborne Holmden, welcher Pate seines jüngsten Sohnes Rudolf wurde und ihm nach dem verlorenen Krieg 1919 noch große Dienste leisten sollte. Noch während seines Auslandsaufenthaltes in Paris lernte Hermann Schuldt bei einem Urlaub anlässlich der Probefahrt eines von der Flensburger Schiffsbau-Gesellschaft abgelieferten Schiffes seine spätere Frau Regina Schütt aus Hamburg kennen. Ihr Vater Heinrich Schütt, Inhaber der Eisengroßhandlung gleichen Namens in Hamburg, hatte seine Tochter nach Flensburg mitgenommen, um einer Einladung der Werft Folge zu leisten, mit welcher er in Geschäftsbeziehungen stand. Die Eheschließung fand am 2. Mai 1896 statt, also nach dem Eintritt von Hermann Schuldt als Teilhaber in die väterliche Firma.
An dieser Stelle soll einiges über die Familie Schütt berichtet werden. Beide Eltern von Regina Schuldt, geb. Schütt, stammten aus Friedrichstadt an der Eider. Der Großvater von Heinrich Schütt "Jan Jelles Schütt" war Holländer von Geburt und stammte von der friesischen Insel Ameland. Zur Zeit der von Napoleon verhängten Kontinentalsperre befand er sich mit einem eigenen Schiff, welches in der Ostsee eine Ladung Holz für Groningen übernommen hatte, vor der schleswig-holsteinischen Westküste. Die drohende Beschlagnahme durch englische Seestreitkräfte, welche die Gewässer der Nordsee beherrschten, ließ es ihm ratsam erscheinen, in der Eidermündung Schutz zu suchen. Noch stand allen Bewohnern Dänemarks und Schleswig-Holsteins die Kaperung der dänischen Flotte in Kopenhagen durch die Engländer am 5. September 1807 vor Augen. Es war kein Ende der Blockade abzusehen. Jan Jelles entschloss sich, in Friedrichstadt zu bleiben, und er ließ seine Frau mit ihrem kleinen Sohn auf dem Landwege nachkommen. Er eröffnete ein Geschäft und handelte mit Holz und anderen Importwaren, insbesondere auch feinem holländischen Tabak und Gewürzen aus Ostindien. Seine Familie war mennonitischer Glaubensauffassung und fand in Friedrichstadt manche Glaubensbrüder vor, welche dort vor Vertreibung aus Holland bei der Gründung der Stadt 1619 durch Herzog Friedrich III von Holstein-Gottorp Asyl gefunden hatten. Jan Jelles Schütt genoss großes Ansehen bei seinen Mitbürgern, welche ihn zu ihrem Bürgermeister wählten. Als solcher wirkte er, als die Dänen während der schleswig-holsteinischen Erhebung mit ihren Truppen die Stadt besetzten. In der Auseinandersetzung stellte sich Jan Jelles Schütt- "der alte Bürgermeister" - wie man ihn in Friedrichstadt nannte, auf die Seite der Dänen, als nach seiner Meinung legalen Regierung. Er hielt unbeirrt an dieser Auffassung fest, auch als eine tobende Menge vor sein Haus zog und sein Leben bedrohte. Er drohte, sie und sich selbst mit einem Pulverfass in die Luft zu sprengen, an das er eine Lunte hielt, wenn man sich nicht schleunigst entfernte. Die Menge zog unverrichteterdinge ab. Das dänische Heer behauptete die Stadt.
Hermann Schuldts langjährige Auslandserfahrungen schlugen sich jetzt in Vorschlägen zu einer modernen Finanzierungsform der Neubauten der Reederei nieder. Die Partenreedereien hatten den Nachteil, das mit Verkauf oder Totalverlust des Schiffes auch das Unternehmen ein Ende fand. Die Firma betrieb deshalb die Gründung von Aktiengesellschaften, welche diese Nachteile nicht aufwiesen und es erlaubten, einen sehr viel größeren Kreis von Kapitalgebern anzusprechen.
Unter dem Namen "Flensburger Dampfercompagnie" wurde am 5.März 189 mit einem Grundkapital von M 400000,- eingeteilt in 400 Aktien von M 1000,-, eine Aktiengesellschaft ins Leben gerufen.
Die Gründer übernahmen das Kapital in voller Höhe persönlich mit folgenden Beträgen:
Heinrich Schuldt M 362000,-
Hermann Schuldt M 20000,-
Hans Christophersen M 6000,-
Anton Schierning M 2000,-
Friedrich Däcker M 10000,-
Dem ersten Aufsichtsrat gehörten die letzten drei Gründer an mit Hans Christophersen als Vorsitzenden. Das Statut sah vor, das die jeweiligen Inhaber der Reederei- und Schiffsmaklerfirma H.Schuldt den Vorstand bilden sollten, womit der ausschlaggebende Einfluss in der AG gesichert wurde. Auch die Führung der Geschäfte wurde in ähnlicher Form geregelt, wie dies bis dahin für die Partenschiffe durch den Korrespondentreeder geschehen war. Eine weitere Bestimmung gestattete dem auf diese Weise gebildeten Vorstand, ein eigenes Handelsgewerbe zu betreiben, besonders auf dem Schifffahrtsgebiet, und sicherte damit der Firma H.Schuldt das Bestehen von verschiedenen Rechtsformen innerhalb der eigenen Reedereigruppe. Die Befrachtung der Schiffe erfolgte auch bei der AG durch die Firma H. Schuldt gegen die übliche Kommission.
Um die Jahrhundertwende erreicht die Flotte der Reederei H. Schuldt mit 23 Einheiten und einer Tragfähigkeit von etwa 53 000 tons einen ihrer Höhepunkte. Das Fahrtgebiet der Schiffe ist nicht mehr auf Nord- und Ostsee, Mittelmeer und Reisen nach dem Fernen Osten beschränkt, sondern kann als weltweit bezeichnet werden. Ernten in den verschiedenen Weltteilen bestimmen die Routen. Kohlen- und Holzladungen werden nach Südamerika befrachtet - Getreide bildet die Rückladung. Vom Golf von Mexico werden Phosphatkontrakte nach europäischen Häfen übernommen; Linienbefrachter interessieren sich für Zeitcharterabschlüsse. Erz von Narvik wird ebenso geschlossen wie Schwefelkies von Huelva oder Cypern und Getreide und Holz von der Donau. Holz und Erdnüsse von Westafrika bieten sich an, wenn in den nördlichen Häfen im Winter Reisen durch Eisbildung nicht mehr möglich sind. Die kleinere Tonnage wird im Herbst und Winter in regelmäßiger Fruchtfahrt von spanischen Ostküstenhäfen nach England und Hamburg beschäftigt. Überall kennen Makler und Befrachter die blaue Flagge mit dem weißen Dreieck und dem roten "S". Aus kleinsten Anfängen hat sich ein bedeutendes Unternehmen entwickelt.
Hermann Schuldt ist in die Fußstapfen seines Vaters getreten: Er betätigt sich in öffentlichen Ämtern, in der Handelskammer, welche ihn später zu ihrem Präsidenten für die Jahre 1920-1933 wählte, und wird zum Mitbegründer und ersten Kommodore des Flensburger Segelclubs. Seine Yachten erhalten den Namen "Regina" und nehmen an vielen Wettfahrten auf der heimatlichen Förde, an der Kieler und Travemünder Woche teil und können manchen Preis ersegeln. Seine treuen Mitsegler Wilhelm Sell und Dr. Thiele begleiten ihn. Die Sonntage von Mai bis September verbringt die Familie, der 1899 eine Tochter, getauft auf den Namen Maria Regina, geboren war, auf dem Wasser.
Die ununterbrochen aufwärts gerichtete Entwicklung der Reederei mit zahlreichen Neubauten wachsender Größe war ein typisches Spiegelbild des durch die Reichsgründung entstandenen, fast stürmischen wirtschaftlichen Aufschwungs aller Erwerbszweige. Die aus den Schiffen der deutschen Küstenländer entstandene neue gesamtdeutsche Handelsflotte wuchs von 1,5 Mio.BRT im Jahre 1871 bis auf 4 Mio. BRT im Zeitraum von 35 Jahren. Diese Zeitspanne ist oft als die gute alte Zeit bezeichnet worden. Zum Trost der heutigen Reedergeneration sei festgestellt, das dieses Prädikat nur sehr bedingt zutrifft. Sicher haben friedliche politische Verhältnisse - soweit das Deutsche Reich gemeint ist - und die durch die endliche Vereinigung der Deutschen in einen machtvollen Staat zur Entfaltung gelangenden wirtschaftlichen Kräfte entscheidend zur Bildung einer großen deutschen Handelsflotte und der Begründung ihres Weltrufs beigetragen. Diese Gunst der Zeit hätte aber zu keinem so bedeutenden Erfolg geführt, wenn nicht die Erfahrungen alter See- und Handelsstädte und ihrer seemännischen Bevölkerung zur Verfügung gestanden hätten.
Der Erfolg setzt sich zusammen, und das wird auch für die Zukunft gelten, aus einer Fülle von Einzelleistungen, gründlicher Vorbildung, Kenntnis der Weltmärkte und ihrer Möglichkeiten, technischem Verständnis, persönlicher und geschäftlicher Beziehungen zu Verladern und Empfängern in allen Häfen Europas und in Übersee. Nichts fiel den Reedern in den Schoß, kein Fortschritt wurde erzielt ohne Arbeit und Fleiß. Ein englischer Spruch lautete damals: "I believe in intelligence but I believe more in work". Hermann Schuldt hatte es deshalb nicht leicht, die großen Erfolge des Gründers zu bewahren und die Reederei weiter auszubauen. Wie in den vergangenen Jahrzehnten war das unternehmerische Risiko in der Seefahrt nicht gering, waren die Gefahren der See immer noch groß. Stürmisches Wetter und gefahrvolle Küsten forderten manches Opfer.
Am 24. Juli 1902 strandete der D."Adelheid" auf den Luconia-Riffen nördlich von Labuan (Insel Borneo/Holl.Ostindien) und ging total verloren. Die Besatzung wurde vollständig gerettet.
Im Jahre 1904 waren zwei Schiffe dem Untergang geweiht. Bei Cap St.Vincent/Portugal zerschellte Anfang des Jahres der erst 1898 in Fahrt gesetzte D."Harald" an den Klippen, und im Spätsommer wurde der D."Johanna" im Golf von Biscaya durch Feuer zerstört. Die Versicherungs-summe für Totalverluste gestattete allerdings einen Ersatz aller drei Schiffe, welche in den Jahren 1903, 1905 und 1906 geliefert wurden, in einer Große von je rund 4200 tons Tragfähigkeit und wieder auf Famliennamen, d.h. Adelheid, Regina und Harald, getauft wurden.
Das Anwachsen der eigenen Flotte, die gleichzeitige Vergrößerung der Flotten befreundeter Reedereien m Flensburg und außerhalb, für die die Firma Charterabschlüsse vermittelte, sowie Abschlüsse für den Liniendienst nach Übersee trugen erheblich zur Erweiterung des Schiffsmaklergeschäftes bei. Seit 1897 leitete Andreas Henningsen als Prokurist diesen wichtigen Zweig des Unternehmens.
Die Befrachtungen für Flensburger Importeure setzten sich zur Hauptsache aus Holzladungen von Schweden und Finnland, Ölkuchen von Le Havre, Fécamp und Libau und Kohlenladungen von England und Schottland sowie Schwellen und Papierholz zusammen. Empfänger der Kohlenladungen waren die Firmen Holm & Molzen, Gebrüder Petersen, Thomas Hollesen und für Gaskohlen das Flensburger Gaswerk. Schwellen waren für die Imprägnieranstalt N.S. Weidle bestimmt und Papierholz für die Flensburger Papierfabrik, welche später von Reisholz übernommen wurde. Jedes Jahr wurden mehrere Reisdampfer abgefertigt, welche direkt von Rangoon, Moulein u.a. Reishäfen eintrafen. Die Firma war Agent für die Neptun-Linie, Bremen, für deren Stückgutfahrt von und nach den Rheinhäfen. Mit der Firma L. Possehl & Co., Lübeck, wurden eigene und fremde Dampfer auf Zeitcharter und für konsekutive Reisen für die Erzfahrt von Lulea geschlossen.
Ein Beträchtlicher Teil der eigenen Tonnage wurde, ungeachtet des Einsatzes der größeren Dampfer in der Übersee-, Tramp- und Linienfahrt, weiterhin im Ost- und Nordseeraum, in der Fahrt vom Weißen Meer und im Mittelmeer beschäftigt. Beginnend mit erst-offen-Wasser bis zum Winter, wenn die Häfen der oberen Ostsee durch Eis blockiert waren, wurden die Schiffe mit Kohlen und Koks von England und Holland nach deutschen, dänischen, schwedischen, finnischen und russischen Ostseehäfen geschlossen. Nach dem Weißen Meer versegelten die Dampfer in Ballast. Westwärts dominierte die Holzfahrt mit Schnittholz, Papierholz oder auch Papiermasse nach Großbritannien, Holland, Belgien und Frankreich und zum Herbst auch Schnittholz nach französischen und spanischen Mittelmeerhäfen. Von den baltischen Ostseehäfen, wie Riga,
Libau oder Windau, wurden Kappbalken nach Holland, Gruben- oder Papierholz nach der Ost- und Westküste Englands und Schwellen nach Flensburg, Holland und England verladen. Auch Memel, Königsberg und Danzig waren unter den Verschiffungshäfen für Schwellen anzutreffen.
Die im Mittelmeer im Herbst frei werdende Tonnage fand lohnende Beschäftigung in der Fruchtfahrt von der Ostküste Spaniens, Valencia, Almeria, Gandia und anderen Plätzen. Bestimmungshäfen waren London, die Ost- oder Westküstenhäfen Englands, Antwerpen, Rotterdam, Bremen und Hamburg. Im Winter luden diese Schiffe zurück in das Mittelmeer Pech von der Themse nach Sete oder Marseille und blieben in dieser Fahrt bis zum Frühjahr eingesetzt. In Hamburger Tageszeitungen wurden diese Reisen als regelmäßige Linie angezeigt, welche gewöhnlich mit Trauben-verschiffungen von Almeria begannen und anschließend mit Orangen von den anderen spanischen Häfen. Im Vergleich zur modernen Fruchtfahrt verdient es festgehalten zu werden, daß es sich bei der eingesetzten Tonnage um Schiffe in der Größe von 900/1000 BRT, wie z. B. D."Heinrich Schuldt", "Minna Schuldt", "Adolf", "Georg" oder "Norma", handelte mit einer Maschinenleistung von 400/500 PS und einer Geschwindigkeit von nur 8/9 sm. Zur Frischhaltung der Frucht, und um sie vor Verderb weitgehend zu schützen, wurde bei gutem Wetter mit offenen Luken und an der Luvseite angebrachten Persenningen zum Schutz gegen Sonne und Spritzwasser gefahren. Da damals die Obstbäume noch nicht mit künstlichem Dünger behandelt wurden, war die Frucht dickschaliger und haltbarer, so das die Ware meistens in gutem Zustand gelöscht werden konnte.
Außer der kleineren Tonnage wurden auch größere Schiffe der Reederei und solche befreundeter Firmen mit Ladungen zum und vom Mittelmeer befrachtet. Dazu zählten Frachtabschlüsse für Kohlen von englischen und Kontinent-Häfen nach Nordafrika und Italien und rückkehrend mit Phosphat von Bona, Bougie, Tunis oder Sfax nach Rotterdam, Stettin, Neufahrwasser oder Danzig. Auch wurden Reisen mit Locustbeans von Cypern nach Liverpool, Hull oder Leith ausgeführt sowie Schwefelkies von Huelva und Erz von Nordafrika nach U.K. und Kontinent geladen. Auch die Getreidefahrt von der Donau und vom Schwarzen Meer spielte eine nicht unbedeutende Rolle in der Beschäftigung der eigenen Flotte und für fremde Befrachtungen. Die Erfahrungen in diesem Fahrtgebiet sollten der Reederei in sehr viel späteren Jahren bei der Errichtung einer regelmäßigen Linte nach dem Nahen Orient zugute kommen.
Weitere Schiffe fanden ihre Beschäftigung mit Kohlenladungen von England oder Rotterdam nach Las Palmas oder St.Vincent und zurück mit Erdnüssen von Senegal oder Gambia-Distrikt, Dakar und Rafisque nach Großbritannien oder dem Kontinent-Bordeaux/Hamburg-Range.
An dieser Stelle sei ein Rückblick gestattet auf die technische Entwicklung, wie sie sich von der Gründung der Firma bis zum Beginn des I. Weltkrieges 1914 gestaltet hat.
Die Gründung der Reederei fiel in eine Zeit, als sich der Eisenschiffbau durchzusetzen begann und gleichzeitig die allmähliche Umstellung vom Segelschiffs- auf den Dampferbetrieb erfolgte. Zwar machten die damaligen kleinen Dampfschiffe mit ihren niedrigen Aufbauten und Schornsteinen, der hohen, meist zum Rahschoner ausgebildeten Takelage, dem mehr als bescheidenen Ladegeschirr fast den Eindruck eines Segelschiffes mit Hilfsantrieb, aber auch hier setzten sich nach und nach die reinen Zweckformen durch. Die alte Zeit wurde Stück für Stück der ihr noch anhaftenden Romantik entkleidet.
Dampfer S.S."Helene", 1888
Wer kennt z. B. heute noch vergoldete Bug- und Heckverzierungen mit Vogel- und Frauenköpfen, Speeren, Pfeilen und Spitzen, wie sie um die Jahrhundertwende noch stark in der Mode waren, abgesehen von weit nach hinten überliegenden Masten und Schornsteinen, die man damals noch für schön hielt, wenn sie auch für den Betrieb recht unpraktisch waren. Bei der Reederei erhielt als erster der Neubau "Martha", erbaut von der Flensburger Schiffsbau-Gesellschaft im Jahre 1893/94, senkrechte Masten und einen entsprechenden Schornstein. Mit Rücksicht auf die bessere Arbeitsfähigkeit des Ladegeschirrs ging man später daran, auf älteren Schiffen die Masten nachträglich senkrecht zu stellen, während die Schornsteine oft ihre alte Lage beibehielten.
Auf der von der Reederei zunächst fast ausschließlich betriebenen Trampfahrt nahmen die Schiffseinrichtungen, Laderäume, Ladegeschirr etc. sehr bald feste, im allgemeinen noch heute gültige Formen an. Der einfache, freischwingende Ladebaum, oft noch aufgehängt an einer festen Hangerkette, beherrschte bis zum I. Weltkriege noch ziemlich restlos das Feld. Es erregte erhebliches Aufsehen in Flensburg, als im Winter 1908/1909 der Dampfer "Adelheid", wohl als einer der ersten mit einem hölzernen Schwergutbaum, auf Holzunterlage ruhend und mit hölzernen Schwergutblöcken versehen, für die ersten Versuche in der Linienfahrt ausgerüstet wurde.
In den achtziger Jahren des vorigen Jahrhunderts setzte sich der Dampf als Ruderantrieb durch und kurz darauf auch allmählich der sogenannte Patentanker ohne Stock, der wiederum den reinen Dampfantrieb für das Spill nötig machte, ohne den bisherigen indirekten Kettenantrieb von einer Ladewinde aus. Von jeher wurde in der Baupolitik der Reederei eine Planung auf weite Sicht betrieben. Dieses zeigt sich auch darin, das mit wenigen Ausnahmen stets in gewissen Serien laufend Bauaufträge bei den beiden hauptsächlich betrauten Werften - der Flensburger Schiffsbau-Gesellschaft und der Rostocker Werft - vergeben wurden.
Als letzter Einzelbau erstand 1884 die "Norma" in Flensburg. Dann folgten in den Jahren 1888/89 die "Helene" und "Elsa" in Flensburg und ungefähr gleichzeitig die Dampfer "Georg", "Adolf" und "Hermann" in Rostock.
Die Neptunwerft trat damit zum ersten Mal mit der Reederei in eine Geschäftsverbindung, die, wenn auch mit Unterbrechungen, bis zum Ausbruch des II. Weltkrieges anhielt. Im Jahre 1891 lieferte Flensburg die Schwesterschiffe "Heinrich Schuldt" und "Minna Schuldt" und anschließend von 1892 bis 1895 die Bauserie "Mathilde", "Johanna", "Martha" und "Alfred". Mit diesen Schiffen von noch nicht 2000 tons Tragfähigkeit und einer Durchschnittsgeschwindigkeit von knapp 8 Knoten führte man damals im Winter Reisen nach dem La Plata und zurück aus. So ging der D."Alfred" als Neubau 1895 von der Werft nach einigen Ostseereisen mit Stückgut von England nach Brasilien, lud rückkehrend an der brasilianischen Küste Zucker für New York und kam nach fast neun Monaten mit Holz von Kanada nach Hause. 1896 erstand in Rostock das erste Vierlukenschiff, die "Dora", von 3400 tons d.w. und anschließend als Nachbau die "Hedwig".
Gleichzeitig wurde von der Helsingörwerft in Dänemark der Dampfer "Regina", das erste der drei Schiffe dieses Namens, geliefert. In den Jahren 1898-1900 wurden zum Teil wieder Schiffe in der Große von 2200-2300 tons Tragfähigkeit bestellt. Es handelte sich um die Dampfer "Harald", "Hans" und "Marie" von Rostock und einen Einzelgänger von der Schiffswerft Henry Koch in Lübeck, die "Adelheid".
Über den Antrieb der Flotte und die allgemeine maschinentechnische Entwicklung ist wenig zu sagen. Sie lag im Rahmen des üblichen und zeigt kaum bemerkenswerte Abweichungen von der Norm. So wurde die bis dahin vorherrschende Compound-Maschine Ende der achtziger Jahre von der Dreifach-Expansionsmaschine verdrängt, die dann in der Folge das Feld beherrschte, nur das man allmählich den Kesseldruck steigerte und den künstlichen Zug einführte. Aus den neunziger Jahren datieren die ersten Versuche mit der Verwendung elektrischen Stromes an Bord, allerdings vorerst nur für Lösch- und Ladezwecke. Diese Errungenschaft löste beim fahrenden Personal anfangs nicht immer ungeteilte Freude aus, weil der Betrieb technisch noch recht unsicher war und außerdem in das damit beginnende Zeitalter der Tag- und Nachtarbeit in den Häfen hinüberleitete.
Bis hierher hatte sich die Entwicklung der Firma auf allen ihren Tätigkeitsgebieten als Schiffs- und Versicherungsmakler, als Tramp- und Linienreederei in europäischen Gewässern und Übersee unter dem Schutz eines zur Großmacht aufgestiegenen Deutschen Reiches vollzogen. Seit 1871 waren dem deutschen Volk 42 Friedensjahre beschieden gewesen.
Die Flotte der Reederei Schuldt bestand 1914 aus 20 Einheiten mit einer Bruttoregster-Tonnage von 38194 tons und einer Tragfähigkeit von etwa 57000 tons d.w.
Im Juni 1914 fand wie jedes Jahr die inzwischen zur Weltgeltung gelangte Kieler Woche statt, an welcher Rennjachten aus allen seefahrenden Nationen von Europa und Übersee teilnahmen und welcher durch die Anwesenheit des Kaisers und seiner Gemahlin mit ihren Schooneryachten "Meteor" und "Iduna" und zahlreichen deutschen und ausländischen Kriegsschiffen ein besonderer Glanz verliehen wurde. Hermann Schuldt nahm auch in diesem Jahr an den Regatten teil und ersegelte mit seiner Yacht "Regina" manchen Preis. Da erreichte am 28.Juni die Schreckensnachricht von der Ermordung des österreichisch/ungarischen Thronfolgers Franz Ferdinand durch serbische Verschwörer in Sarajewo die Teilnehmer. Die Flaggen sanken auf Halbmast. Trauer und Furcht vor schweren Folgen breiteten sich aus. Es ist jedoch bezeichnend für das große Zutrauen der meisten Deutschen zur Macht und zum Einfluss des Deutschen Reiches, das die Hoffnung auf friedliche Beilegung des Konfliktes zwischen Russland und Österreich-Ungarn überwog. So wurden auch in der Reederei keine besonderen Vorsichtsmaßnahmen ergriffen, ganz anders als bei Ausbruch des II. Weltkrieges. Im Juli reiste Hermann Schuldt noch zu wichtigen geschäftlichen Besprechungen nach London und überließ seine Yacht seinem Sohn Harald, welcher mit mehreren Freunden unter Begleitung des alten Segelkameraden seines Vaters "Willy Sell" eine unbeschwerte Segeltour durch dänische Gewässer antrat.
Doch die politische Lage spitzte sich schnell zu. In Petersburg fanden riesige Kundgebungen der panslawistischen Kriegspartei statt, welche zur Zerschlagung des Donaustaates und Befreiung seiner slawischen Bevölkerung aufforderten. Am 23. Juli stellte Österreich-Ungarn Serbien ein Ultimatum, am 28. Juli erklärte es den Krieg, als das Ultimatum unbeantwortet blieb. Die Bündnisverträge der Mittelmächte traten in Kraft, als Russland sich auf die Seite Serbiens stellte und die Mobilmachung befahl, so das das Deutsche Reich am 1. August an Russland und am 3. August an Frankreich den Krieg erklärte, nachdem dieses eine deutsche Anfrage nach seiner Haltung ausweichend beantwortet hatte. England nahm alsdann den deutschen Einmarsch in Belgien am 4. August zum Anlass seiner Kriegserklärung an das Deutsche Reich.
Wie wirkten sich diese Ereignisse auf die deutsche Handelsflotte aus? Sie hatte sich den 2. Platz nach England auf der Weltrangliste der Welttonnage erkämpft und bestand aus 2388 Schiffen mit 5,459 Mio. BRT (Lloyds Register of Shipping). Ihre Schiffe waren über die ganze Welt verstreut. Es war keine Vorwarnung erfolgt und keine Maßnahme getroffen, um einen möglichst großen Teil der Handelsflotte in den Heimathäfen zu konzentrieren.
So wurden auch die Reedereischiffe auf ihren Reisen oder in den Häfen vom Kriegsausbruch überrascht. Die Dampfer "Carl", "Hedwig" und "Martha" wurden, in Onega, Archangelsk und Kotka ladend, von den Russen beschlagnahmt, die Besatzungen zweier Schiffe in die zivile Kriegsgefangenschaft abgeführt, derjenigen der "Martha" jedoch wurde die Rückreise über Schweden gestattet. D."Carl" strandete 1917 auf der Reise von den USA mit Kriegsmaterial nach Murmansk in der Kolabucht und ging total verloren. D. "Hedwig" sank 1918 unter dem neuen Namen "Ibis" bei Cap Lizard. Über das Schicksal des D."Martha" ist nichts bekannt.
D."Erika", noch Anfang August 1914 in Antwerpen ladend, wurde beschlagnahmt, gelangte aber nach Einmarsch der deutschen Truppen in Belgien wieder in den Besitz der Reederei. Die gesprengte Maschine konnte wiederhergestellt werden. Es gelang später dem Kapitän H.Beck, das Schiff kurz vor Kriegsende 1918 nach Rotterdam durch den Hauswerth-Kanal zu überführen.
Die Dampfer "Adolf" und "Georg" befanden sich bei Kriegsausbruch auf der Reise von Finnland nach Spanien mit Schnittholzladungen. Eine Benachrichtigung über den Kriegsausbruch war bei der damaligen Nachrichtentechnik nicht möglich. So war es den englischen Seestreitkräften ein leichtes, die Schiffe auf hoher See zu kapern und nach Gibraltar zu bringen. Die Besatzungen gerieten in Kriegsgefangenschaft. Über das weitere Schicksal der Schiffe hat nichts mehr in Erfahrung gebracht werden können.
Andere Schiffe, wie D."Martha" und D."Luise", blieben in spanischen Häfen während des ganzen Krieges unbeschäftigt liegen, das erstere in Mahon (Balearen), das letztere in Huelva. Die Kapitäne blieben mit einer Wachmannschaft an Bord.
D."Minna Schuldt" wurde in Portugal vom Kriege überrascht und nach Abbruch der diplomatischen Beziehungen beschlagnahmt; D."Norma" mit fremder Besatzung für die Alliierten in Fahrt gesetzt. Der im Liniendienst der "Ozean-Linie" beschäftigte D."Adelheid" konnte den Hafen von Habana nicht mehr verlassen, um der Gefahr einer Kaperung durch englische Seestreitkräfte zu entgehen. Als die Republik Cuba ebenfalls die Beziehungen zum Deutschen Reich abbrach, wurde auch dieses Schiff beschlagnahmt und unter dem Namen "Marti" für kubanische Rechnung beschäftigt.
Von zwanzig Schiffen verblieben der Reederei die Hälfte, d. h. zehn Dampfer, in heimatlichen Gewässern oder in Häfen des benachbarten neutralen Auslandes.
Die Blockade, getragen von der britischen Flotte, erwies sich als vollständig und gestattete der verbliebenen deutschen Handelsflotte nur eine Betätigung in der Ostsee bis nach Norwegen und im Bereich der südlichen Nordsee bis zu den holländischen Häfen. Eine Sperrung dieser Häfen durch die Alliierten kam schon deshalb nicht infrage, weil Holland gewisse Einfuhren aus Übersee zwecks Ernährung seiner Bevölkerung gestattet wurde. Den hierfür benötigten Schiffen wurden Begleitbriefe ausgestellt, so das sie die Blockadegebiete passieren konnten.
In der Ostsee entwickelte sich nach kurzer Unterbrechung ab 1915 ein lebhafter Güteraustausch mit Skandinavien, welcher von den Engländern aus wirtschaftlichen Gründen geduldet, von den Russen infolge großer Überlegenheit der deutschen Flotte nicht gestört werden konnte. Die zur Verfügung stehende Tonnage war jedoch anfänglich so umfangreich, das nur ein Teil der Schiffe Beschäftigung finden konnte. D."Hermann" wurde als Hilfskriegsschiff für die Kaiserliche Marine requiriert und ging im Juni 1916 durch Minentreffer verloren. Dasselbe Schicksal erlitt D."Harald" an der U-Boot-Netzsperre vor Gjedser im Oktober desselben Jahres. Die Besatzung mit Kapitän Hellmann und I. Maschinisten Julius Will, dem späteren Oberinspektor der Reederei, konnte gerettet werden. Danach verblieben der Reederei nur noch acht Schiffe, welche bis zum Ende des Krieges, d.h. bis zum Inkrafttreten des Waffenstillstandsvertrages am 11. November 1918, in der Kohlen-, Erz- und Holz-Fahrt zwischen skandinavischen, deutschen und holländischen Häfen lohnende Beschäftigung fanden. Der Waffenstillstand mit Russland und anschließende Friede von Brest-Litowsk Ende 1917/Anfang 1918 hatte alle Gefahren in der Ostsee im letzten Kriegsjahr beseitigt und erweiterte das Fahrtgebiet für deutsche Schiffe auf die baltischen Staaten und Finnland. Für das vermehrte Ladungsangebot war nicht immer genügend Schiffsraum verfügbar. Die wirtschaftlichen Ergebnisse dieser Jahre waren zufriedenstellend, obgleich lange Aufenthalte in den Häfen die Reisedauer beeinträchtigten. Weitere Einbussen mussten durch den Verfall der deutschen Währung hingenommen werden, in welcher ein erheblicher Teil der Frachten abgeschlossen war. Die Kosten in den neutralen Häfen erhöhten sich entsprechend beträchtlich. Die verschlechterten Ergebnisse trafen auf alle Reisen zu, welche zu festgesetzten Markfrachten für kriegswirtschaftlich bedingte Transporte ausgeführt werden mussten. Das Befrachtungsgeschäft wurde zu einer reinen Verwaltungstätigkeit mit Ausnahme einiger weniger Abschlüsse für neutrale Rechnung.
Der Kriegsausbruch 1914 hatte von seinem ersten Tag an das Gesicht der Firma vollständig verändert. Die Auswirkungen auf die Schiffe auf hoher See und die ausländischen Häfen und ihr Schicksal sind schon geschildert worden. In der Heimat waren die Veränderungen von einer Wucht und Heftigkeit, wie es sich kaum jemand vorstellen kann, welcher jene Tage nicht miterlebt hat.
Der Mobilmachungsbefehl schmiedete die Nation zu einem einzigen Block zusammen. Ob alt, ob jung, konservativ, liberal oder Sozialdemokrat, es gab keine Diskussion, nur eine Gewissheit: Alle würden das Vaterland verteidigen, jeder an seinem Platz. So leerten sich die Büros, eilten alle gedienten Männer zu ihren Truppenteilen, die Reserveoffiziere auf den Schiffen zur Kaiserlichen Marine. Alle Schüler der oberen Klassen meldeten sich freiwillig, und die Frau des Juniorinhabers fand das Haus bei Rückkehr von einem Ferienaufenthalt auf der Insel Sylt mit ihren jüngeren Kindern verwaist vor. Hermann Schuldt war eingezogen und wurde einer Landwehreinheit zugeteilt; der 17jährige Sohn Harald hatte sich als Kriegsfreiwilliger beim Feldartillerie-Regiment 9 in Itzehoe gemeldet. Vom Büro war Diedrich Schumacher, Lehrling seit 1913, späterer Mitinhaber und Verfasser der Dokumentation zu dieser Reedereigeschichte, zu den Fahnen geeilt. Der Gründer der Firma und Seniorchef Heinrich Schuldt, 74 Jahre alt, hatte wieder die Führung alleine übernommen und hat diese Aufgabe bis zum bitteren Ende des Krieges ohne Unterbrechung durchgeführt. Es gelang ihm, alle Zahlungsverpflichtungen der Aktiengesellschaften pünktlich zu erfüllen und fällige Tilgungen vorzunehmen. Die letzte Rate der Prioritätsanleihe der FDC wurde 1917 zurückgezahlt. Es konnten auch Ausschüttungen vorgenommen werden, und die verteilten Dividenden beliefen sich auf 10% 1916 - 15% 1917 und 20% 1918 bei beiden Gesellschaften. Es muss jedoch bemerkt werden, das die vorgenommenen Abschreibungen und Zuführungen zu den offenen Reserven nicht zur Wiederbeschaffung der verlorenen Tonnage ausreichten. Bei den Partenschiffen war das Bild sehr unterschiedlich. Die in neutralen Häfen aufliegenden Schiffe zehrten von ihrer Substanz. Nach Beschlagnahme oder Kaperung blieb nur die Hoffnung auf Ersatz seitens der eigenen Regierung. D."Heinrich Schuldt" war das einzige Partenschiff, welches den Krieg über in der Ostsee beschäftigt werden konnte und Überschüsse erzielte.
In diese Kriegszeit fällt auch das 50jährige Jubiläum des Bestehens der Reederei. Der 5. Januar 1918 wurde trotz der widrigen Zeitverhältnisse zu einem großen Ereignis für die Firma, ihren Gründer und seinen Sohn. Die Stadt Flensburg verlieh Heinrich Schuldt, jetzt im 78. Lebensjahr stehend, die höchste Auszeichnung, welche eine Stadt einem verdienten Bürger verleihen kann: Das Ehrenbürgerrecht. Hierüber erschien in den Flensburger Nachrichten vom 5. Januar 1918 folgender Bericht:
Das Ehrenbürgerrecht der Stadt Flensburg ist in der letzten nichtöffentlichen Kollegiensitzung dem Stadtrat a.D. H.Schuldt wehen seiner hervorragendenragenden Verdienste um die Stadt verliehen worden und lautet:
"Der Schiffsreeder und Schiffsmakler Herr Heinrich Schuldt, der am 5. Januar 1918 auf das 50jährige Bestehen seiner Firma zurückblickt, hat mit der tatkräftigen und erfolgreichen Entwicklung des eigenen Geschäfts zugleich der Flensburger Reederei und dem Flensburger Schiffbau zu neuem Emporblühen geholfen, hat fast zwei Jahrzehnte hindurch als Stadtverordneter und unbesoldeter Stadtrat seine wertvolle Arbeitskraft in den Dienst der Stadt gestellt, hat viele gemeinnützige und wohltätige Bestrebungen mit freigebiger Hand gefördert und durch Errichtung einer großen Stiftung bleibenden Segen geschaffen. Es handelt sich um das "Heinrich- und Minna-Schuldt"-Stift mit zwölf Wohnungen für in Not geratene Angehörige der seemännischen und verwandten Berufe. In dankbarer Anerkennung der hervorragenden Verdienste, welche Herr Schuldt sich um das Wohl der Stadt Flensburg erworben hat, haben die städtischen Kollegien ihm durch einstimmigen Beschluss das Ehrenbürgerrecht verliehen."
Der Ehrenbürgerbrief wurde in einem handgeschnitzten Behälter durch den Oberbürgermeister Dr. Todsen, begleitet von Stadtrat Sdiierning, mit einer Ansprache Herrn Schuldt in seinem Geschäftshaus überreicht. Seitens des Stadtverordnetenkollegiums war deren Vorsitzender, Justizrat Löhmann, sowie dessen Stellvertreter, Chr.Böhm, erschienen.
Glückwunschdeputationen erschienen in großer Zahl, unter denen besonders der Präsident der Handelskammer, Kommerzienrat Kallsen, Konsistorialrat Niese und Pastor Muuss vom Kirchenvorstand St. Marien, Vertreter der Loge Wilhelm zur nordischen Treue, welcher Herr Schuldt als Meister vom Stuhi angehörte, Vertreter der Banken, der Flensburger Schiffsbau-Gesellschaft genannt werden sollen. Ein weiterer Artikel in den Flensburger Nachrichten, welcher am Vortage des Jubiläums erschien, beschäftigte sich mit dem Werdegang des Firmengründers seitdem er, von Rendsburg kommend, am 5. Januar 1868 sein Geschäft eröffnete. In der Darstellung wird besonders darauf hingewiesen, das Heinrich Schuldt den städtischen Kollegien 13 Jahre als Stadtverordneter und 6 Jahre als Mitglied des Magistrats angehörte, das er 33 Jahre teils als Vorstands-, teils als Aufsichtsratsmitglied in der Verwaltung der Flensburger Schiffsbau-Gesellschaft tätig gewesen ist sowie 38 Jahre der Handelskammer und 30 Jahre dem Seeamt seine Kenntnisse und Erfahrungen zur Verfügung stellte.
Die Feier zum 50jährigen Bestehen der Firma H. Schuldt am Anfang des letzten Kriegsjahres des Weltkrieges 1914/1918 ist gleichzeitig der Ausklang eines Zeitabschnitts in der Geschichte des Unternehmens, wie er sich in dieser Form nicht wiederholen sollte. Die nachfolgenden Jahre sind durch den Verlust des größten Teils der Flotte durch den unglücklichen Ausgang des Krieges und die sich daraus ergebenden wirtschaftlichen Folgen bestimmt.
Der Diktatfriede vom 28. Juni 1919 in Versailles bedeutete politisch das Ende des von Bismarck gegründeten Deutschen Reiches und wirtschaftlich - neben gewaltigen Reparationslasten - die Beschlagnahme des gesamten im Ausland angelegten Kapitals und den fast völligen Verlust der deutschen Handelsflotte. Die Firma wurde schwer getroffen und in ihrer Entwicklung weit zurückgeworfen. Nach über 50 Jahren Reedereigeschichte musste ein neuer Aufbau erfolgen.
Im Dezember l918, kurz vor Weihnachten, waren Hermann Schuldt und sein Sohn Harald unversehrt aus dem Kriege in die Heimat zurückgekehrt. Auch die Lehrlinge bzw. Angestellten Schumacher, Ankersen und Petersen kehrten zurück. Am 2. Januar 1919 trat als dritte Generation Harald Schuldt bei der Firma seines Großvaters und Vaters seinen beruflichen Lebensweg als Reeder und Schiffsmakler an. Er vertauschte die Uniform eines Leutnants der Reserve mit dem schlichten Anzug eines Lehrlings im Büro an der Schiffbrücke 21.
Wie war die Lage der Firma H. Schuldt?
Zur Zeit des Waffenstillstands waren nachfolgende Schiffe noch im Besitz der Schuldt-Firmen:
1. Flensburger Dampfercompagnie:
Die über 2500 BRT großen Schiffe mussten anschließend an den Waffenstillstand sofort an die Alliierten abgeliefert werden, welche ihre Forderung mit den großen Verlusten an Handelsschiffen durch die deutsche U-Boot-Waffe während des Krieges begründeten. Infolgedessen gingen die D."Luise" (in Spanien aufliegend), D."Dora", D."Regina" und D."Erika" (letzterer in Holland aufliegend) unmittelbar in den Besitz der Siegermächte über. Die Reedereien erhielten vom Zeitpunkt der Ablieferung bis zum Tage der gesetzlichen Enteignung, d. h. dem 20. Februar 1920, eine mit dem Deutschen Reich vereinbarte Miete.
D."Luise" 3384 BRT
D."Dora" 2662 BRT
D."Alfred" 1417 BRT
D."Hansa" 1518 BRT
D."Marie" 1465 BRT
2. Ozean-Dampfer AG:
D."Regina" 2662 BRT
D."Erika" 2666 BRT
D."Elisabeth" 2038 BRT
3. Partenschiffe der Firma H.Schuldt:
D."Mathilde" 1260 BR
D."H-Schuldt" 991 BRT
D."Norma" 842 BRT
Im Versailler Friedensvertrag waren noch sehr weitergehende Ablieferungen deutscher Tonnage vorgesehen, nämlich alle Schiffe mit einer Tonnage über 1600 BRT, somit alles für Überseefahrt geeignete Material, und auch 50% der Nord/Ostseeschiffe zwischen 1000/1600 BRT.
Durch diese Bestimmung gingen nunmehr auch noch D."Elisabeth" und D."Mathilde" in den Besitz der Alliierten über. Für D."Elisabeth" konnte ein 1919 ausgestellter Fahrterlaubnisschein für eine Erz- und Holzreise im europäischen Küstengebiet ausgenutzt werden. Anschließend wurde noch eine Rundreise innerhalb des im Oktober 1919 wiedereröffneten Liniendienstes der Ozean-Linie ausgeführt. Auf dem Weltfrachtenmarkt herrschte nach Beendigung des Weltkrieges ein Frachtenboom außerordentlichen Ausmaßes, so das D."Elisabeth" für eine volle Ladung gepresster Baumwolle von Galveston/Texas nach Bremen die Rekordfracht von Dollar 90000 erzielte.
Das erste Ziel der Reederei nach dem verlorenen Krieg galt der Wiederanknüpfung der Überseebeziehungen. Es wurde der Entschluss gefasst, mit den verbliebenen Schiffseinheiten, welche nach Größe, Alter und Geschwindigkeit an sich nicht mehr für Fahrten über den Atlantik geeignet waren, den Dienst der Ozean-Linie wieder zu eröffnen. Als erstes Schiff wurde D."Hans" unter Führung von Kapt. Hans Beck im Oktober 1919 nach Cuba und Mexico mit einer nahezu vollen Ladung Stückgut von Hamburg abgefertigt. Die früheren Verpflichtungen gegenüber der Westindian Conference bestanden nicht mehr, da die deutschen Linien infolge des Krieges ihrer Mitgliedschaft verlustig gegangen waren. Diese erste Expedition eines deutschen Schiffes über den Atlantik nach Amerika bedurfte eines besonderen Erlaubnisscheins der Alliierten, da der Versailler Friedensvertrag noch nicht ratifiziert war. Die Aufnahme dieses ersten Sendboten aus Deutschland in Cuba und Mexico und den USA-Häfen gestaltete sich überaus freundlich und zuvorkommend. Sie war der Anlass für die Vertretung der Hamburg-Amerika Linie in Mexico, der Firma Firma Heynen & Eversbusch, den Vorstand dieser Linie zu bitten, dieses erste deutsche Schiff im Hafen von Veracruz abfertigen zu dürfen. Die HAPAG stimmte diesem Wunsch zu und bewies damit, das sie allgemeine deutsche Schifffahrtsinteressen vor ihre eigenen zu stellen wusste, da es ihr an eigener Tonnage für dieses Fahrtgebiet zunächst mangelte.
Dem D."Hans" folgten die D."Marie" (14.Januar 1920) und D."Alfred" (im Februar), so das sich ein Dienst mit monatlichen Abfahrten einzuspielen begann. Auch für diese Expeditionen wäre noch ein "Permit" der Alliierten erforderlich gewesen. Als nach längerem Warten für D."Marie" keine Antwort auf den eingereichten Antrag eintraf, wagte die Reederei die Reise ohne diesen Schein. Niemand hat davon Notiz genommen. Die Reisen verliefen ohne Zwischenfälle. Geholfen hat dabei der inzwischen geadelte Freund Hermann Schuldts, Sir Osborne Holmden, welcher die zuständigen alliierten Behörden bewog, nicht einzuschreiten.
Der Wiederaufbau gestaltete sich für die Reederei äußerst schwierig. Zwar war durch ein weitschauendes Gesetz während des Krieges zur Wiederherstellung der deutschen Handelsflotte (Beihilfegesetz) vom 7. November 1917 eine ausgezeichnete Grundlage geschaffen. Dieses Gesetz sah vor, das den deutschen Reedereien für durch Kriegsereignisse verloren gegangene Tonnage neben dem vollen Friedenswert ein Teuerungszuschlag von 50-70% - entsprechend den inzwischen entstandenen Mehrkosten - gewährt werden sollte. Damit war eine ähnliche Regelung wie im feindlichen Ausland vorgesehen, wo der Staat voll für die Kriegsverluste eintrat.
So hatte die FDC aufgrund des Beihilfegesetzes fünf Neubaukontrakte geschlossen für eine Tonnage von 12 500 tons d.w. mit Werften in Hamburg und Danzig. Die Ozean-Dampfer AG hatte ein Schiff von 4000 tons d.w. bei der Schiffswerft und Maschinenfabrik (vorm. Jansen & Schmilinski) AG in Hamburg-Tollerort bestellt und anschließend drei weitere Neubauten von j e 1250 tons d.w. in Auftrag gegeben.
Ein gemeinsamer Auftrag an die Flensburger Schiffsbau-Gesellschaft, für die gesamten Schiffsverluste der heimatlichen Flensburger Reedereien Neubauten zu erstellen, für welchen sich Hermann Schuldt führend eingesetzt hatte, war gescheitert. Die Werftleitung entschied sich für die Übernahme größerer Einheiten seitens Hamburger und Bremer Großreedereien. Infolgedessen zerschlug sich auch die Bestellung von drei Schiffen von je 3700 tons d.w. bei dieser Werft seitens der FDC.
Für die Ersatzbauten aufgrund des Beihilfegesetzes erfolgten die ersten Anzahlungen im Jahre 1919, und zwar in Höhe von M 2,1 Mio. für die FDC und M 1,3 Mio. für die Ozean-Dampfer AG. Den Bauverträgen lag kein Festpreis zugrunde, sondern ein Regievertrag, welcher aufgrund nachgewiesenen Eigenaufwandes der Werft und zugestandener Generalunkosten und Gewinnspannen abzurechnen war.
Dem unglücklichen Ausgang des Krieges wurde dieses Gesetz nicht mehr gerecht. Jetzt waren nicht nur Kriegsverluste zu ersetzen, sondernd eine völlig neue deutsche Handelsflotte aufzubauen. Es war eines der Kriegsziele, insbesondere Englands, gewesen, die starke deutsche Konkurrenz auf den Weltmeeren auszuschalten. Die durch den Krieg und die Reparations-zahlungen völlig zerrüttete Währung gestattete nicht mehr die Durchführung des Beihilfegesetzes von 1917.
Es musste ein Ausweg gefunden werden. So kam es zum Reederei-abfindungsvertrag vom 23. Februar 1921 zwischen Regierung und Reedereien. Damit erfüllte die Regierung zugleich eine im Versailler Vertrag übernommene Verpflichtung, welche ihr die Bürde des Schadensersatzes für abgelieferte Tonnage auferlegte. Zur Durchführung der neuen Vereinbarung wurde die Schiffbau-Treuhand-Bank GmbH mit dem Sitz in Hamburg von Werften und Reedereien gegründet. Die Reederei übertrug die damit verbundenen umfangreichen und schwierigen Arbeiten Diedrich Schumacher, ein besonderer Vertrauensbeweis, welcher seine Laufbahn innerhalb der Firma entscheidend beeinflusst hat.
Als Abgeltung aller Ansprüche aus dem Abfindungsvertrag und als Entschädigung für die gesamten Schiffsverluste von ungefähr 28 000 tons d.w. erhielt die FDC außer der Erstattung aller bisherigen Aufwendungen für die zwei in Auftrag gegebenen 4000-Tonner lediglich die in Hamburg im Bau befindlichen drei Frachtdampfer von je 1065 BRT bzw. 1500 tons d.w. Als obere Grenze für den Endpreis wurden M 34 Mio. abgemacht. Darüber hinaus musste die Reederei M l Mio. tragen. Alsdann musste die Schiffbau-Treuhand den Rest bestreiten. Es handelte sich um Dampfer eines Vorkriegstyps mit Kohlenfeuerung und einer Geschwindigkeit von 10 sm, im wesentlichen nur für Trampfahrt geeignet.
Die Neubauten wurden Ende 1921/Anfang 1922 geliefert und erhielten wiederum Familiennamen: "Harald", "Minna" und "Rudolf". Die Bauverträge für die beiden Frachtdampfer von 4000 tons d.w. mussten der Schiffbau-Treuhand-Bank zur anderweitigen Verteilung zur Verfügung gestellt werden.
Die Ozean-Dampfer AG behielt ihr bei der Werft von Jansen & Schmilinski, Hamburg, in Auftrag gegebenes Frachtschiff von 4000 tons d.w. Von den weiteren drei Neubauverträgen über Schiffe von je 1250 tons d.w. wurden zwei an die Firma H. Schuldt übertragen als Ersatz der verlorenen Partenschiffe "Adolf", "Georg" sowie "Mathilde" und "Minna Schuldt". Beide Neubauten wurden 1921 abgeliefert und erhielten die Namen "Irmgard" und "Erika". Das dritte Schiff ging an eine fremde Reederei.
Anstelle der abgetretenen Neubaukontrakte wurden seitens der FDC onne Inanspruchnahme öffentlicher Mittel noch im Jahre 1921 bei der Fried. Krupp AG Germaniawerft in Kiel zwei kombinierte Fracht- und Fahrgastschiffe von je 3370 BRT und 4000 tons d.w. zu Festpreisen von M 14 bzw. 15,4 Mio. in Auftrag gegeben, welche 1922 in Dienst gestellt werden konnten. Die Schiffe erhielten eine geschmackvolle Einrichtung für 30 Passagiere und erfreuten sich großer Beliebtheit im Cuba-Mexico-Liniendienst. Die bisherige Tradition, alle Schiffe nach Familienmitgliedern zu benennen, wurde aufgegeben. Stattdessen wurden Landschafts- und Burgennamen aus Schleswig-Holstein gewählt. Die neuen Schiffe erhielten die Namen "Schleswig-Holstein", "Nordschleswig" und "Nordfriesland".
Ein weiteres von der Werft F.Schichau in Danzig für M 45 Mio. erworbenes Turbinenschiff von 4980 BRT/7200tonsTragfähigkeit erhielt den Namen "Glücksburg". Als das Schiff im Frühjahr 1922 übernommen wurde, hatte die Inflation der Währung derartige Ausmaße angenommen, das der der Werft übergebene Scheck zur Begleichung der letzten Kaufrate zur Farce wurde. Als die Werft jedoch den Betrag ohne Bemerkungen kassierte, beruhigte sich das Gewissen des Reeders und es erfolgte keine Nachzahlung.
Zur teilweisen Finanzierung der Neubauten verkaufte die FDC ihren erst kürzlich von der Werft übernommenen D."Harald" im Juli 1922 für M 19250,- an die Bismarck-Linie in Hamburg und Ende des gleichen Jahres ihren D."Marie" für M 8 Mio. innerhalb der Reedereigruppe an die Ozean-Dampfer AG.
Die Flotte der Reederei bestand Ende 1922 aus folgenden Schiffen:
1. Flensburger Dampfercompagnie:
D."Glücksburg" 1922 7200
D."Nordfriesland" 1922 4000
D."Nordschleswig" 1922 4000
D."Duburg" (Ex."Hans") 1899 2300
D."Alfred" 1895 2000
D."Minna" 1922 1550
D."Rudolf" 1922 1550
2. Ozean-Dampfer AG:
D."Schleswig-Holstein" 1922 4000
D."Norburg" ex "Marie" 1899 2300
3. Partenreedereien
D."Heinrich Schuldt" 1899 1250
D."Irmgard" 1922 1500
D."Erika" 1922 1500
so das sich die Gesamttonnage aus zwölf Schiffen mit einer Tragfähigkeit von 33150 tons d.w. zusammensetzte.
Die fast vollständige Hinwendung zur Übersee-Linienfahrt bewirkte, das auf dem einmal beschrittenen Weg nicht haltgemacht werden konnte. Außerdem gebot die Zusammensetzung der Tonnage eine grundsätzliche Umstellung, da noch aus sehr alten unwirtschaftlichen Vorkriegstypen bestand oder aus kleinen Ersatzbauten, welche den Bestimmungen des Abfindungsvertrages entsprochen hatten.
Im Zuge dieser Überlegungen wurde eine Reihe von Schiffen abgestoßen. Als erstes gelangte das älteste Schiff der Reederei, der im Jahre 1884 gebaute D."Norma", im Juli 1921 mittels freiwilliger öffentlicher Versteigerung in den Besitz der Firma Johannes Ick, Hamburg, und erhielt den Namen "Bonus". Der aus Eisen gebaute starke Schiffskörper hat noch bis 1932 gehalten, ehe das Schiff im Alter von 46 Jahren abgewrackt wurde.
Die neuen Partenreedereien der D. "Erika" und "Irmgard" erwiesen sich nach der Währungsumstellung auf Goldmark bzw. Reichsmark Ende 1923 als für die Ziele der Reederei nicht geeignet und auch nicht besonders wirtschaftlich, und wurden durch Verkauf der Schiffe aufgelöst. Ebenfalls verkauft wurden im Februar 1923 die Abfindungsschiffe "Minna" und "Rudolf" der Flensburger Dampfercompagnie an die Roland-Linie in Bremen, um Mittel für größere, für den Überseedienst geeignete Tonnage zu beschaffen. Bei den Neubauten handelte es sich erstmalig um Schiffe mit Motorantrieb in einer Größe von 6000 BRT, welche zunächst als Frachtschiffe geplant waren mit einer zusätzlichen Einrichtung für 30 Kajütpassagiere, schließlich aber einer Einrichtung für 100 Passagiere I. Klasse neben Fahrgästen der Einheitsklasse erhielten. Die Reederei beschritt mit dieser Bestellung, die noch im Jahre 1922 erfolgte, völliges Neuland, welche ein nicht geringes Risiko in sich barg. Die Maschinenanlage bestand aus zwei einfach wirkenden Viertakt-Dieselmotoren von zusammen 2900 Psi, welche zwei Propeller trieben und damit eine Geschwindigkeit von 12,4 sm erzielten. Nach Angaben von Direktor Regenbogen der Friedrich Krupp Germania-Werft, welche auch diesen Neubauauftrag erhielt, sollten diese Maschinen, auf der Grundlage von U-Boots-Motoren der früheren Kriegsflotte entwickelt, auch für Schwerölbetrieb geeignet sein. Eine Unstellung von Diesel auf Schweröl ist jedoch niemals erfolgt. Die Inneneinrichtung dieser Schiffe muss für die damalige zeit und das Fahrgebiet nach Cuba und Mexico als luxuriös bezeichnet werden. Eingroßes Treppenhaus mit angrenzendem geräumigen Speisesaal, ein einhalb Decks hoch, mit Fenstern nach vorn und nach den Seiten, für 100 Passagiere geeignet, war der Mittelpunkt. Darüber befand sich ein geschmackvoll eingerichteter Salon. Besonders hervorzuheben sind die zahlreichen Einzelkammern, über welche die Schiffe verfügten, sowie ausgedehnte Promenaden- und Sonnendecks. Es wurde die gleiche reichhaltige Verpflegung gereicht wie auf den großen Passagierschiffen auf dem Nordatlantik.
Zu Ehren des auf diesen Schiffen erwarteten mexicanischen Reise-publikums, welches schon die "Nord"-Dampfer lebhaft frequentierte, wurden die Neubauten auf die Namen "Rio Bravo" und "Rio Panuco" getauft.
Die Lieferung der Schiffe verzögerte sich durch einen Werftarbeiterstreik bis zum Beginn der Herbstsaison 1924, wurde dann aber zu einem durchschlagenden Erfolg. Die Werbekraft, welche von dem ersten deutschen Schiff in Amerika nach dem I. Weltkrieg, dem kleinen D."Hans" 1919 ausgegangen war, und der sehr regelmäßige Liniendienst, welchen die immer verbesserten Schiffstypen boten machte sich nun bezahlt. Das Vorhaben hatte jedoch große Opfer gefordert. Es ist schon geschildert worden, das eine Reihe kleinerer Neubauten verkauft worden war, um genügend Eigenkapital für die größere Überseetonnage zu beschaffen.
(MS. "Glücksburg IV", Frachtschiff, 1967)
Dem Firmengründer und Seniorchef war es vergönnt, den Anfang dieses Wiederaufbaus der Reedereiflotte und der Überseefahrt nach der Zerstörung durch den Krieg mitzuerleben. Er hatte auch die Freude, seinen Enkel Harald Schuldt 1923 als Teilhaber in die Firma aufzunehmen Der Anfang der Urkunde lautete: "Es erscheint der Schiffsreeder und Stadtrat a.D.Heinrich Schuldt, dessen Sohn, der Schiffsreeder und Stadtrat Hermann Schuldt, dessen Sohn Harald Schuldt, und erklärten..."
Es trat damit der nicht gerade häufige Fall ein, das drei Generationen der selben Familie eine offene Handelsgesellschaft bildeten.
Anderthalb Jahre dauerte die Partnerschaft der drei Generationen Schuldt. Der Senior gab seinem Enkel noch manchen guten Ratschlag aus den Erfahrungen seines langen Lebens und ermahnte ihn besonders, niemals in Abhängigkeit von den Banken zu geraten. Die späteren Jahre sollten die Richtigkeit dieser Erkenntnis zeigen, und sie haben bei allen wichtigen Entscheidungen Pate gestanden.
Am 12. Juli 1924 schloss Heinrich Schuldt nach kurzer Krankheit die Augen für immer. Er starb in seinem Hause in Glücksburg, wo er in seinen letzten Lebensjahren den größeren Teil des Jahres verbrachte. Sein Sarg wurde mit einem Fördedampfer nach Flensburg überfuhrt. Bei klarem Himmel wehte ein steifer Nordwest über das Wasser, dessen Wellen an den Schiffsbug schlugen und den alten Reeder in die Ewigkeit begleiteten. Die Einäscherung fand in Hamburg statt, und die Urne wurde in Flensburg auf dem Familiengrab beigesetzt, wo seine Frau schon im Jahre 1900 ihre letzte Ruhe gefunden hatte.
"Haltet mich nicht auf, der Herr hat Gnade zu meiner Reise gegeben" lautete der Bibelspruch der Trauerfeier. Es war der Ausdruck für ein erfülltes Leben.
Die Anerkennung seiner Leistungen und die Verehrung seiner Person, welche ihm schon zu Lebzeiten zuteil geworden waren, kamen noch einmal in den ihm gewidmeten Nachrufen zum Ausdruck.
Die "Flensburger Nachrichten" schrieben dazu u. a.:
"In seiner seit 40 Jahren während der Sommerzeit bewohnten Villa in Sandwig (Glücksburg) verstarb im soeben vollendeten 84. Lebensjahr der Schiffsreeder und Stadtrat Heinrich Schuldt, ein Mann, der wie wenige durch die Geschichte seines Lebens und Schaffens mit unserer Stadt Flensburg verwachsen ist. Ein reiches Leben stark an echter, edelster Tradition, stark an inneren Werten, die über die Zeit hinaus dauern, ist damit in die Ewigkeit eingegangen. Ein Leben, das von dem harten Rhythmus der Arbeit durchpulst ist, dessen Verlauf und Ende ein Lied vom Segen der Arbeit selbst ist. Name und Ruf unserer See- und Handelsstadt im In- und Ausland ist mit dem Namen der Schuldt-Reederei eng verknüpft; wo man von Flensburger Unternehmungsgeist schlechthin spricht, wird man den Namen Schuldt stets in erster Linie mit nennen müssen."
Bald nach seinem Ableben fand die Probefahrt des ersten in Kiel gebauten Fracht- und Passagiermotorschiffes "Rio Bravo" statt, welche mit einer Einfahrt in die Flensburger Förde abgeschlossen wurde. Der für die damalige Zeit stattliche Neubau machte an der Schiffbrücke unmittelbar gegenüber dem Bürohaus der Firma fest.
Die ganze Stadt und insbesondere die Schuljugend war auf den Beinen, um dieses moderne, Schiff zu bewundern. Zahlreiche Bilder zeugen von der Begeisterung, mit welcher das Schiff empfangen wurde. Es war ein stolzer Augenblick in der Geschichte der Firma und für den Kapitän des Schiffes Friedrich Christiansen, ein berühmter Marineflieger des Weltkrieges und mit dem "Pour le merite" mit Eichenlaub und Schwertern und anderen hohen Orden ausgezeichnet.
Quelle: Festschrift zum 100.jährigem Bestehen der Reederei Schuldt
"Geschichte einer Reederfamilie und ihrer Unternehmungen 1868 - 1968"
von Harald Schuldt, Diedrich Schumacher
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